German Jazz 1940s
German Jazz 1940s
die Zeit des Nationalsozialismus
In den europäischen Nachbarländern entstanden Fan-Zeitschriften für Jazz und sogenannte „Hot Clubs“. Das NS-Regime allerdings verfolgte und verbot die Ausstrahlung des Jazz im Rundfunk, zum einen wegen der afrikanischen Wurzeln des Jazz und weil viele der aktiven Jazz-Musiker jüdischer Herkunft waren. Zum anderen stellte der Jazz mit seiner Spontaneität, Improvisation und Individualität, die auch die Swing-Jugend anzog, für die Nazis eine Bedrohung ihrer Weltanschauung dar. Die Wirkung war allerdings zunächst eher gegenteilig: Daher sollte eine Anti-Jazz-Rundfunksendung Vom Cakewalk zum Hot von 1935 mit „besonders eindringlichen Musikbeispielen“, die Erich Börschel mit seinem Orchester im Auftrag der Reichsmusikkammer lieferte, abschreckend wirken, wurde jedoch begeistert aufgenommen.
Kurt Abraham
(* 1921-1988), Tenorsaxophonist, Klarinettist, Bandleader
Kurt Hohenberger
Walter Dobschinski
Ernst Höllerhagen
Goldene Sieben
Franz »Teddy« Kleindin
Charlie and his Orchestra
Willy Berking
Kamil Běhounek
(1916-1983) Akkordeonist, Saxophonist, Komponist
„… das lässt ahnen, dass die Band eine eher klischeehafte Vorstellung von Jazz besaß …“ Wolfram Knauer
Lied vom Blauen Ludwig
ist= St.Louis Blues
Tiger Rag« ist= »Schwarzer Panther
Das Deutsche Tanz Und Unterhaltungsorchester
1942
Erhard Bauschke
(1912-1945) Klarinettist, Bandleader
Charlie & his Orchestra
Wikipedia: „Charlie and His Orchestra (auch Mr. Goebbels Jazz Band, Templin band oder Bruno and His Swinging Tigers) war eine für Propaganda-Zwecke zusammengestellte Bigband der NS-Zeit, benannt nach ihrem Sänger Karl „Charlie“ Schwedler. Die Band sang auf Englisch. Einige Titel wurden auf Portugiesisch aufgenommen. Im Deutschen Rundfunk wurden die Titel nicht gespielt
Goebbels‘ Propaganda-Orchester Wollt ihr den totalen Swing?
Sie spielten „entartete“ Musik – im Auftrag der Nazis. Ab 1939 verwandelten Charlie and His Orchestra Jazz und Swing in braune Propaganda. Absurde Texte sollten die Moral der Feinde untergraben. von Danny Kringbiel SPIEGEL
„Da nun die Menschen zu Marschmusik nicht tanzten und die aufkommende Swingmusik der 1930er Jahre junge Menschen ganz unideologisch begeisterte, begannen die Verantwortlichen eine Undefinition dessen, was deutsche Unterhaltungsmusik sein und sie sie nicht enthalten dürfe. Goebbels strebte eine „volksverbundene deutsche Tanzmusik“ an, und da anfangs niemand wusste, was er damit eigentlich meinte, begannen Musiker der Salonorchester, die sich in den 1920er Jahren die modischen Jazzinstrumente Banjo und Saxophon zugelgt hatten, diese zumindest weniger einzusetzen (Wolfram Knauer)
Wer mehr an Details interessiert ist: Wolfram Knauer: Play yourself, man Reclam 2019 –
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Aus Fackler Widerstand Propaganda PDF
Als Reaktion auf den politischen Umschwung verließen etliche „nichtarische“ Kapellmeister, beispielsweise Marek Weber, Dajos Bela und Paul Godwin, aber auch komplette Bands wie die Weintraub Syncopators, die von einer Auslandstournee nicht wieder zurückkehrten, schon 1933 das nationalsozialistische Deutschland
Inzwischen hatte sich nämlich ein stilistischer Wandel vollzogen, den die meist unkundigen Zensoren nicht als solchen erkannten. Der Oldtime- oder Traditional Jazz (hierzu zählen die Stilarten New Orleans-, Dixieland- und Chicago-Jazz) wurde von dem sich in den USA Ende der 20er und Anfang der 30er Jahre entwickelnden Swing (Casa Loma Orchestra, Duke Ellington, Count Basie, Jimmy Lunceford, Artie Shaw, Harry James, Tommy und Jimmy Dorsey, Glenn Miller u. a.) abgelöst. Dieser bestimmte von 1935 bis 1945, in der sogenannten Swing-Ära, das Geschehen in der Unterhaltungsmusik.
Mit dem kommerzialisierten Swing erlebte Deutschland eine zweite große Jazzwelle, die noch erfolgreicher war als die erste in den Goldenen Zwanzigern, denn zum einen war der Boden für synkopierte Tanzmusik bereits bereitet, zum anderen klang Swingmusik für viele Tanzbegeisterte gefälliger als Oldtime-Jazz. Besonders in den Großstädten brach ein wahres Swingfieber aus, das Mitte der 30er Jahre seinen ersten Höhepunkt erreichte. Mittelpunkt dieser Begeisterung war wiederum Berlin. Eine der Hauptattraktionen der Hauptstadt war Live-Jazz, der nicht zuletzt die US-Touristen anzog.
Ab Mitte der 30er Jahre entstand eine große Anzahl deutscher Big Bands und Swingformationen. Bekannte Bandleader waren Erhard Bauschke, Willy Berking, Kurt Hohenberger, Michael Jary, Corny Ostermann, Hans Rehmstedt, Max Rumpf, Lutz Templin, Heinz Wehner, Kurt Widmann, Horst Winter und andere. In Combo-Besetzung spielten Die Goldene Sieben und Ensembles, die populäre Solisten, etwa Benny de Weille oder Helmut Zacharias, leiteten
Insgesamt gesehen ist das musikalische Niveau deutscher Jazzmusiker infolge fehlender Ausbildungsmöglichkeiten (…) als mittelmäßig einzustufen, sieht man von talentierten Ausnahmen, beispielsweise Walter Dobschinski, Bugen Henkel, Ernst Höllerhagen, Fritz „Freddie“ Brocksieper, Kurt Hohenberger oder Fritz Schulz (später Schulz-Reichel) ab . Ausländische Orchester, beispielsweise
die Bands von Teddy Stauffer und Jack Hylton, aber auch Rene Schmassmanns „Lanigiro (== Original) Hot Players‘ gastierten in Deutschland nur, sofern ihnen dies erlaubt war
Ab September 1939 kam es schließlich zu einem Rückgang der Swingwelle, der mit kriegsbedingten Verboten und Einschränkungen zusammenhing. Viele Musiker mußten als Soldaten an die Front, und der Vergnügungsbetrieb wurde durch Tanzverbote eingeschränkt. 10 Nach den Erfolgen der Blitzkriege lockerte das Regime seine Bestimmungen, und Deutschland erlebte zwischen 1941 und 1943 ein Swingrevival
Etliche Swingkapellen des besiegten, besetzten oder verbündeten Auslands – etwa die Orchester von Fud Candrix, Ernst van’t Hoff, Arne Hülphers, John KristeI, Tullio Mobiglia und Jean Omer – traten zusätzlich in Deutschland auf. Da man in diesen Ländern länger und ungehindert, meist bis zum Einmarsch deutscher Soldaten, in Kontakt zu US-Interpreten gestanden hatte, glichen deren Auftritte einer musikalischen Infusion, welche die Entwicklung des Jazz in Deutschland vorantrieb.
Am 1.8.1944 erfolgte die“ Anordnung über die Einstellung des gesamten Kulturlebens im Reich“). Dennoch spielte Anfang 1945 die Jazzband von Lubo d’Orio im zerbombten Berlin
Während viele „nichtarische“ Musiker emigrieren mußten oder vertrieben wurden, blieben andere unbehelligt, etwa Freddy Brocksieper, Eugen Henkel und Hans Berry (Kater 1989, 20). Inwieweit dies auf persönliche Protektion zurückzuführen war, ist nicht bekannt. Ein eindeutiger Fall von Bestechung liegt bei Teddy Stauffer vor. Das Orchester des Schweizers gehörte zu den populärsten und besten in Deutschland, gerade weil von ihm Musik „nicht-arischer“ Komponisten gespielt wurde. Um Ärger mit dem zuständigen Kontrolleur der Reichsmusikkammer zu vermeiden, nahm die Band einige von dessen Kompositionen in ihr Repertoire auf, „was dieser geschmeichelt zur Kenntnis nahm“
Ein weiteres Beispiel für personalisierte Zensur lieferte der Reichsminister für Volksaufklärung und Propaganda selbst. Ob Joseph Goebbels Swingfreund war oder nicht, ist umstritten!, auf jeden Fall nutzte er diese Musik für repräsentative und propagandistische Zwecke. Mehrmals engagierte er für die jährlich stattfindenden Pressebälle Swingkapellen. 1937 tanzten Goebbels und Göring zu der Musik des englischen Orchesters
von Jack Hylton, obwohl dessen Berliner Gastspiel im Jahre 1934 von Goebbels‘ Ministerium und der Presse scharf attackiert worden war. Als Hylton sein Orchester 1938 auflöste, wurde die BBC-Band unter Henry Hall für den Presseball 1939 engagiert. Diese spielte gegen Ende des Auftritts mehrfach den in Deutschland verbotenen Lambeth Walk. Die Deutsche Allgemeine Zeitung kritisierte dies zwar, doch schon kurze Zeit später wurde dieselbe Band vom Deutschlandsender für eine Sondersendung und ein Wunschkonzert des
Winterhilfswerks engagiert
Für das Fortbestehen des Jazz in Deutschland waren hauptsächlich die internationalen Verflechtungen der Plattenindustrie verantwortlich. Deutsche Hersteller produzierten in den Jahren 1933 bis 1943 für den heimischen Markt insgesamt 206 Jazztitel deutscher Bands; 1919 bis 1932 erschienen nur 143 Titel (KuhnkelMillerlSchulze 1976, 379). Aber auch Jazzplatten ausländischer Interpreten und Bands wurden für den In und Auslandsmarkt hergestellt und konnten bis zum Kriegsbeginn in Deutschland ungehindert gekauft werden
Ein erneuter kulturpolitischer Versuch, „auf dem Terrain der Tanzmusik die Kontrolle zurückzugewinnen“ (Eichstedt/Polster 1985, 88), folgte kurz vor der Stalingradniederlage (2.2.1943). Im Auftrag Goebbels‘ wurde das „Deutsche Tanz- und Unterhaltungsorchester“ (DTU) unter Franz Grothe und Georg Haentzschel gegründet, deren Orchester deutsche Unterhaltungsmusik spielen sollte, sich aber stärker am amerikanischen Swing orientierte. Aus diesem Grund übernahmen im Januar 1944 auf Weisung Goebbels‘ Bamabas von Geczy und Parteimitglied Willi Stech die Leitung. Swing und Swingtanz waren auch während des Krieges nicht aufzuhalten. „Das Gros des deutschen Musikpublikums war für ‚minderwertige‘ Musik, und dies trotz aller pädagogischen Anstrengungen“ (Prieberg 1982, 292). Nach dem siegreich beendeten Westfeldzug (22.6.1940) wurden die zu Kriegsbeginn verhängten Tanzverbote bis zum Angriffauf die Sowjetunion (22.6.1941) aufgehoben, und das System bemühte sich um eine Wiederbelebung der Unterhaltungskultur. Um die Zivilbevölkerung bei Laune zu halten, wurde aber auch nach Ausrufung des „Totalen Krieges“ am 18.2.1943 durch Goebbels im Berliner Sportpalast hinsichtlich von Tanzvergnügungen nur vorsichtig taktiert: Einigen Orchestern wurde die Spielerlaubnis entzogen, anderen gleichzeitig neu erteilt. Im April 1944 wies Goebbels gar auf die kommunikative Bedeutung des Gesellschaftstanzes hin. Angesichts der massiven Verluste an Menschenleben sorgte er sich um den biologischen Fortbestand der Deutschen, denn Tanzvergnügungen seien eine gute Gelegenheit für junge Menschen, sich kennenzulernen
Auch den Soldaten auf Heimaturlaub stand der Sinn mehr nach kurzweiliger Unterhaltung als nach strammer Ideologie. Eine Wehrmachtsbestimmung riet daher, Soldaten, die sich für Jazz begeisterteri, nicht mehr zu verwarnen (Lange 1966, 103). Aus demselben Grund ging man auch nicht gegen die als besonders swingbegeistert geltenden Luftwaffenangehörigen vor. Der wegen seiner 115 Abschüsse berühmte Flieger und Glenn-Miller-Fan Werner Mölders soll sich sogar bei Hitler persönlich über das langweilige Rundfunkprogramm beschwert haben. Jazz war ferner bei jugendlichen Luftwaffenhelfern außerordentlich beliebt
Das Regime mußte aus gesellschafts- und machtpolitischen Gründen Zugeständnisse an die Swingbegeisterung breiter Bevölkerungsschichten machen: Die „Machtapparaturen hatten es von Anfang an mit einer Massenbewegung zu tun, vor der sie schließlich kapitulieren mußten“ (Schäfer 1981, 136). Folglich verfehlten Anti-Jazz-Kampagnen bei denen, zu deren Bekehrung sie gedacht waren, ihren eigentlichen Zweck. Die Anti-Jazz-Hörfolge „Vom Cakewalk zum Hot“ von 1935 wurde ähnlich wie der im Winter 1941/42 gezeigte antiamerikanische Hetzfilm „Rund um die Freiheits-Statue“ begeistert aufgenommen, weil sich den Jazzfans hier die Möglichkeit bot, ihre Idole ganz legal hören und sehen zu können.
Und so geht das immer weiter von der Swing Jugend, ihren Hot-Clubs – sehr interessanter Ausschnitt … lest selbst … Aus Fackler Widerstand Propaganda PDF