Jazz von 1990 bis 2020
Jazz von 1990 bis 2020
eine Losesammlung
Jazz aus der Kiste vom Flohmarkt – live jazz berlin
Studentenstreik, finanzieller Engpass, das Studium wird reizvoller, Musik wird zum Beispüler, Radio 4U The Big Beat spült Namen wie Gary Clayle und Mc 900Ft Jesus ins Ohr und alles, was noch so an Dub-Sound entsteht, vor allem aus UK. Bei Massive Attack lässt sich wunderbar arbeiten.
Der Jazz verabschiedet sich in die selbst erwünschte Exklusivität und kommt nur noch im Herbst auf die Bühne, dort allerdings so Strong of Noise, er hat keine Chance mehr gehört zu werden neben Element of Crime, Saint Etienne oder Chrystal Waters – es fällt auf, dass die Beats zunehmend dreivierteltaktik durch die Clubs stampfen – nur dem Tresor werden noch intellektuelle Nebentöne angedichtet. im Fischlabor oder im WMF oder oder oder … tanzen feiern studieren, keine Zeit, mit Stereo MC’s ist endgültig Schluss mit Trübsinn und Abwarten, Jesus lost in 900 Feat.
Chillout ab 1993 best of jazz von 1990 bis 2020
Zurück zum Thema: Merkst du, wie viele Themen es inzwischen sind – nicht wahr? Es gibt eine Vielfalt ohnegleichen, nicht erst seit gestern, es war vorgestern oder weit vor der Zeit, als es begann, aufregend zu werden, und : es marginalisiert sich ungleich leichter – die entdeckten Nischen werden zu Rückzugsorten und bekommen den Privatiers-Stempel aufgedrückt, versuch gar nicht erst das Einsilbenwort Jazz in den Mund zu nehmen, sie erklären dich für Out of Statement. (Obwohl doch … sagst du … gerade im Jazz … so viele Möglichkeiten entstehen … und obwohl … jawohl. Lass ihn reden.)
Es reduziert sich aufs Studium, das in sich vielfältig genug ist zwischen Form Follows Function und Steinhäusern über Wasserfällen, vom Puritanismus eines Mies van der Rohe zum Kitsch eines Charles Moore, dem schlichten Museumsbau Münchener Bauart und Stirlings rosaweiß gestreifter Rotunde, der Backsteinästhetik am Tiergarten und Flugdächern am Check-Point oder am Schloss Charlottenburg, einen eigenen Stil herausarbeiten ist Prämisse der Stunde, aus dem Formalen heraus der einen und dem Können der anderen, man selbst ist ganz ein Dilettant, den man auch mal Dilletant schreiben darf.
Ein Song insbesondere ragt heraus – ausgerechnet Bruce Springsteen, den du nie hören mochtest, obwohl oder gerade weil du mit Blondie auf dem Born in the U.S.A Trip warst 1984 und sogar ins Frankfurter Waldstadion gefahren bist mit ihr und Clique, die Langspielplatte River in deine Sammlung aufgenommen hast – Die Streets of Philadelphia waren irgendwo zwischen Sonnenallee, Kochstraße und Ernst Reuter Platz gelegen, hin und wieder traft ihr euch zum Trödeln auf dem Flohmarkt, wo es, dreimal darfst du raten: vor allem Langspielplatten gab: und die eine Single. Streets of I couldn’t tell what I felt – I was unrecognizable to myself.
Und der Jazz, fragst du – nun – komplett abgemeldet. Niente, Nichts, hier ein Versuch mit Metheny, dort einen mit Frisell, alles heimlich und quasi ausrangiert und verboten, der Plattenladen in der Am Kottbusser-Damm kannte hinten rechts eine kleine Abteilung mit vielleicht fünfzig oder sechzig Scheiben, die Jazz-Abteilung im WOM am Bahnhof Zoo war schon umfangreicher, mit Kopfhörer zum Reinhören – kein Geld.
Wie viele interessante Aufnahmen die Jahre wirklich herstellten, wissen die anderen, hier war Cantaloope von US3 das Kompatibelste der Gefühle. Die Popsongs hatten mehr Drive, mehr Beat, mehr emotionalen Druck – ein emotionaler Druck, der notwendig wurde, das Studium mit den Nachtarbeiten beim Verlag (als Packer) zu überstehen oder ebenfalls unter Hochdruck zu setzen, werde fertig mit dem hier, mit Niveau bitte … bitte wie? Ja. Das Niveau. Der Anspruch. Die scheinbar schon berühmten Kommilitonen um dich herum, die schnippen das alles nur so mit dem Finger herbei, du krampfst dir einen ab mit Konzept und Überbau. Kannst nicht mal Modelle bauen.
Dich aber am eigenen Schopf aus dem Sumpf ziehen – mit schönen Pop-Songs. Der Horizont verengt sich auf Selbstgefälligkeit und: du bist nur so gut oder stark oder aufgeweckt wie deine Freunde, Partner, Kollegen, alles andere suchst du auf eigene Faust und findest: Mehldau, E.S.T und Molvaer scheinen den Jazz in die neue Dekade hinüber retten zu können, da sie den Puls der Zeit aufspüren – was eine Phrase … ja Drum n Bass war bei Molvaer, die Aufstiegsmelancholie (das schlechte Gewissen) bei Mehldau, E.S.T war schmerzfrei genießbar neben Tom Jones – wer soll diese Party jemals beenden? Das Jahr 2000 vielleicht, die Unbeherrschbarkeit der Nullen im Jahrtausendwechsel? Ein Blöff wie Bluff.
Teil der Konvention, bitte nicht stören, es geht voran, wir boomen gerade.
Der Jazz kann nicht mithalten, er versucht sich, gestützt vom Lincoln Center in New York mit einem Jahresbudget von 4 Mio $ zu verstetigen – gleichzeitig bietet John Zorn auf der anderen Manhatten-Seite spekulativen Jazz an von Klezmer, Free bis Trash, Juri Caine schlägt eine Brücke zwischen Jazz, Neuer Musik und Orchestergraben, das verstehen nur Insider, viel verständlicher dagegen, was die DJs der Welt sich zusammenmixen in diesem Potpourri, von St. Germain bis David Holmes, Laurent Garnier oder Scanner – Kruder Dorfmeister spielen Tosca, allen ist gemein: wir chillen gerade, bitte nicht stören.
The Sky is the Limit – die Aktienkurse kennen nur eine Richtung, N-TV grüßt morgens mittags abends mit immer neuen Vorschlägen, dein Geld zu vervielfachen, von der LHS-Group über Topcall und Pixelpark wie Intershop, sogar die Kinowelt oder Intertainment und Senator Film erzielen innerhalb kürzester Zeit ein Vielfaches ihres Einstiegswertes – setz bitte dem die meistverkauften Jazzplatten entgegen: immerhin: neben den Big Playern aus Übersee und Japan übersteht die von Siggi Loch gegründete ACT auch diesen Crash – E.S.T und Landgren machen das Rennen, auf meinem Plattenteller kursiert noch immer das Gerücht: Es geht steil bergauf – im Büro, bitte nicht stören.
Unter Kopfhörern die Steilwände hoch, die Agenda entlang und wenn doch eine Störung, dann bitte etwas leiser drehen, du da unter deinem Kopfhörer, ich hör so ein komisches Pfeifen, dass du das aushältst, kannst du dich bei sowas überhaupt konzentrieren? Duschgel in den Bässen. Fahrstuhl zum Dinnerlight und Sundy-Monday-Tuesday-Chill-Outs, am Donnerstag dann an den Tresen, welchen diesmal? Wir sitzen im Büro. Unter Kopfhörern, der letzte Zuschuss Anarchie in Megahertz For You ! Es driftet. Fliegende Teller gesichtet. Fäuste geballt in Hosentaschen. Der Nachbar dem Nachbarn mit Kaugummi antwortet, unter den Tisch geklebt.