The Music of George Adams
The Music of George Adams
Kunstfabrik Schlot
Tobias Tinker – piano
Jörg Miegel – saxophone
Horst Nonnenmacher – bass
Kay Lübke – drums
Tobias Tinker | Jörg Miegel | Horst Nonnenmacher Wiki | Kay Lübke
George Adams, Saxophonist, Flötist und Komponist – In der Anmoderation zur Hommage von Tobias Tinker, Jörg Miegel, Horst Nonnenmacher, Kay Lübke – ist zu lesen: In den achtziger Jahren war das Don Pullen-George Adams Quartett mit Dannie Richmond am Schlagzeug eine der prägendsten Jazz Bands seiner Zeit, George Adams Vorbild und Inspiration vieler Saxophonisten. Ein Satz, der auf die Fährte lockt und gleich auch das Dilemma der Übergangszeit von der analogen in die digitale Welt aufzeigt: der Satz lässt sich in der digitalen Welt kaum überprüfen, es gibt zumindest das deutsche Wiki kaum etwas her – man wird von einer Diskographie zur nächsten gescheucht und stößt schließlich auf den Satz: In der Formation Don Pullen George Adams spielten sie auf nahezu allen wichtigen Jazzfestivals Europas und Amerikas – das aber lässt noch kaum Rückschlüsse auf Einfluss und Inspiration auf die Musizierenden ihrer Zeit zu.
Die Reise beginnt.
Als erste Annäherung beginne ich mit den Aufnahmen Sound Suggestions, Don’t Lose Control, Hand To Hand und dem Sampler Finest – ich finde die Konzertbeschreibung aus 2023 – dort sind die vorgestellten Titel explizit angezeigt: City Gate, Autumn Song, Intensions, Duke Ellingtons Sound of Love unter Charles Mingus und Big Alice, nun. Das klingt noch nicht so, als hätte es Musizierende ihrer Zeit in einen Rausch versetzt – noch besteht auch die Möglichkeit, dass der Satz als Hommage an den mit 52 zu früh an Krebs Verstorbenen angeführt ist, im Artikel des Schweizer Rundfunks George Adams Höhenflug in den Jazz-Himmel stand: Er hält seine Vorbilder hoch und wird selber für viele ein Vorbild, spielt und singt den Blues, konstruiert in Echtzeit die unglaublichsten Melodielinien, entdeckt auch das ganz freie Spiel. Von George Adams als komplettem Saxophonisten ist die Rede oder von George Adams mit einem Saxophonsound wie ein Baum.
Ich soll mich schleunigst mit der Aufnahme Paradise Space Shuttle anfreunden – lt. Wiki_ die englische Version – in der deutschsprachigen Wiki steht zum Vorbildcharakter oder zur Inspirationsquelle von George Adams lediglich: Das Spiel von Adams zeichnete sich, trotz der harmonischen und linearen Freiheit eines Nach-Coltrane-Tenoristen durch die stimmliche Modulation und Kraft von Blues und Gospel aus. Als Sänger konzentrierte er sich auf ein Bluesrepertoire von wenigen, allerdings hervorragend interpretierten Stücken mit eigenen, ironischen Texten. Das reicht wohl als Beleg für seinen Vorbild-Charakter nicht hin – zum Album Paradise Space Shuttle nehmen wir zur Kenntnis: Adams‘ muskulöse, aber geschmeidige Attacke oder auch: „Metamorphosis for Mingus“ sei „ein Highlight für seine Struktur, sein improvisatorisches Niveau und seine Ableitungen“. Als Hinweis auf dem Weg „zur prägenden Band?“ Sagen wir so: wir bleiben am Album hängen und genießen den Schwenk zwischen Muskelkraft und dem Mokka-Geruch im Klassiker Send in the Clowns – ein uns nicht mehr unbekannter Jazzstandard von Stephen Sondheim – das Album sehen wir, ist noch ohne Don Pullen und Cameron Brown, aber wunderbar im Wechsel der Genres, der Volumina und der Spielarten vom Bossa über Freejazzanteilen zum Funk mit kraftvollen Vocals. Es lohnt sich.)
Wir nehmen diesen Hinweis noch mit: Adams‘ Beiträge zu seinem Ensemble sind am besten im Titeltrack zu hören. Nach einer kurzen Einführung spielt er eine unzusammenhängende und urtümliche Melodie in das Arrangement. Dann spielt er eine traditionellere Bebop-Figur, bevor er sie durch ein schrilles Motiv ergänzt. Im weiteren Verlauf des Liedes verwendet er verschiedene Texturen wie Multiphonics, Blues-Riffs und phrasierte melodische Elemente. Das Ergebnis ist eine Darbietung, die eine Vielzahl von Saxophongeschichten in viereinhalb Minuten enthält.
Und stürme zum nächsten Album Earth Beams – das Album hat posthum den Weg ins Digitale gefunden, es wird als von 2003 angezeigt und hatte ein anderes Cover – hierzu nun AllMusic: „Einige der besten Momente stammen aus dem Zusammenspiel von Pullen und Adams, deren Vermächtnis den Jazz des späten 20. Jahrhunderts unauslöschlich geprägt hat“ (Aha – hier also wird die Aussage getroffen … ) Neil Tesser dagegen: es verstärkte die Beteiligung von Dannie Richmond, Mingus‚ langjährigem Schlagzeuger und Protegé, nur das Gefühl, dass sie in Mingus‘ Fußstapfen traten – Euphorie klingt anders – in unserem Wiki-Leitartikel heißt es zum Album:
Im August 1980 nahmen Adams und Pullen das Album Earth Beams auf. Das Ensemble zeigte sich von seiner besten Seite beim Titeltrack des Albums. Adams‘ unmittelbare Darbietung verleiht dem Lied eine große melodische Präsenz. Georges tiefe Resonanz trägt dazu bei, die harmonische Qualität des Liedes zu verdichten. Das Fundament des Ensembles wird auch von Dannie Richmond perfekt verankert.
Auf dem Album Black Bone von Craig Harris (1983) haben wir George Adams als Sideman – es folgt George Adams als Mitglied der Mingus Dynasty im Village Vanguard, schließlich Live at Montmarte (erst 2000 publiziert) 1984 dann das Album More Sightings bei Enja erschienen. Allmusic dazu: Die Musik hat ihre starken Momente, auch wenn sie nicht sonderlich einprägsam ist. Okay, vielleicht sollten wir der Frage nicht zuviel Gewicht geben, sonst kommen wir noch zur Aussage, dass, was Jazz angeht, eben immer auch Option ist dessen, was Jazz noch alles sein will.
Beim Durchhören der Alben komme ich zum Schluss: George Adams wurde stark beeinflusst von Musikspielarten aller möglichen Couleurs – vom Bebop zum Blues über den Funk zum Freejazz hinterließ George Adams eine interessante und nachvollziehbare Spur, insbesondere das kraftvolle und expressive Zusammenspiel zwischen ihm und den manchmal wüst auf dem Piano agierenden Don Pullen öffnet beim Hören so einige Türen und hinterlässt auch einige Bilder, die aber bleiben eher im Geheimnisvollen der Akteure und verweisen aber nicht auf ein unverwechselbares Unikat, eher auf ansteckende Spielfreude und ausgefallene Kadenzen – zumindest was das Zertrommeln des Klaviers angeht – kaum vorstellbar, dass auf diesen Zug noch jemand aufspringen wollte, zumal der Jazz in den 80igern geradewegs Fahrt aufgenommen hatte in seinen Bedeutungsverlust – mag sein, dass einzelne hier oder da auf diesen Zug aufsprangen – aber besonders lange werden sie nicht mitgefahren sein – beziehungsweise fuhren so einige dieser Züge in sehr unterschiedliche Richtungen : wenn ich etwas aus der Musik von George Adams heraushöre, so einen Versuch, alles, was möglich erschien, in sich zu bündeln und zusammenzuführen oder zu halten und doch: das ändert nichts daran, dass Stilrichtungen ihren Möglichkeiten folgen und regelmäßig mehr dem Prinzip der Sequenzierung und Parzellierung erliegen. Und dennoch: die Musik George Adams ist auch heute noch gut nachzuvollziehen, sie bleibt lebendig und überraschend.
Insofern darf man gespannt sein, wie sich George Adams gut vierzig Jahre später von Tobias Tinker, Jörg Miegel, Horst Nonnenmacher und Kay Lübke dargestellt anhört. Wir sehen und hören uns vor Ort am 31.08. im Schlot (in der Kunstfabrik).
The Music of George Adams – english version
George Adams, saxophonist, flautist and composer – The introduction to the tribute by Tobias Tinker, Jörg Miegel, Horst Nonnenmacher, Kai Lübke – reads: In the eighties, the Don Pullen-George Adams Quartet with Dannie Richmond on drums was one of the most formative jazz bands of its time, George Adams the role model and inspiration for many saxophonists. A sentence that lures you onto the trail and also shows the dilemma of the transition period from the analog to the digital world: the sentence can hardly be checked in the digital world, at least the German Wiki hardly gives anything – you are chased from one discography to the next and finally come across the sentence: In the formation Don Pullen George Adams they played at almost all the important jazz festivals in Europe and America – but that hardly allows any conclusions to be drawn about the influence and inspiration on the musicians of their time.
The journey begins.
As a first approach, I start with the recordings Sound Suggestions, Don’t Lose Control, Hand To Hand and the sampler Finest – I find the concert description from 2023 – there the featured titles are explicitly indicated: City Gate, Autumn Song, Intensions, Duke Ellington’s Sound of Love under Charles Mingus and Big Alice, well. This does not yet sound as if it would have sent musicians of the time into a frenzy – there is still the possibility that the movement is listed as a tribute to George Adams, who died of cancer too early at the age of 52, in the Swiss radio article George Adams Höhenflug in den Jazz-Himmel: he holds up his role models and becomes a role model for many himself, plays and sings the blues, constructs the most incredible melody lines in real time and also discovers completely free playing. There is talk of George Adams as a complete saxophonist or of George Adams with a saxophone sound like a tree.
I should make friends with the Paradise Space Shuttle recording as soon as possible – according to Wiki_ the English version – the German-language Wiki only says the following about George Adams‘ role model character or source of inspiration: Adams‘ playing was characterized by the vocal modulation and power of blues and gospel, despite the harmonic and linear freedom of a post-Coltrane tenor singer. As a singer, he concentrated on a blues repertoire of a few, but excellently interpreted pieces with his own ironic lyrics. This is probably not enough to prove his role model character – we take note of the album Paradise Space Shuttle: Adams‘ muscular but supple attack or also: “Metamorphosis for Mingus” is “a highlight for its structure, its improvisational level and its derivations”. As an indication on the way “to becoming a formative band?” Let’s put it this way: we stick with the album and enjoy the swing between muscle power and the smell of mocha in the classic Send in the Clowns – a jazz standard by Stephen Sondheim that is no longer unknown to us – we can see the album is still without Don Pullen and Cameron Brown, but wonderful in the change of genres, volumes and styles from bossa to free jazz parts to funk with powerful vocals. It’s worth it).
We’ll take this hint with us: Adams‘ contributions to his ensemble were best heard on Paradise Space Shuttle’s title track. After a brief introduction, he enters the arrangement playing a disjointed and primal melody. He then plays a more traditional bebop figure before supplementing it with a strident motif. He continues to utilize several different textures throughout the song, such as multiphonics, blues riffs and phrased melodic devices. The result of all this is a performance that includes a multitude of saxophone history into four and a half minutes.
And rush to the next album Earth Beams – the album has found its way into digital posthumously, it is shown as being from 2003 and had a different cover – AllMusic now comments: “Some of the best moments come from the interplay between Pullen and Adams, whose legacy has left an indelible mark on late 20th century jazz” (Aha – so this is a statement …). Neil Tesser on the other hand: the involvement of Dannie Richmond, Mingus‘ longtime drummer and protégé, only reinforced the feeling that they were following in Mingus‘ footsteps – euphoria sounds different – our Wiki editorial says about the album:
In August 1980, Adams and Pullen recorded the album Earth Beams. The ensemble was at its best on the album’s title track. Adams‘ immediate delivery gives the song a great melodic presence. George’s deep resonance helps to thicken the harmonic quality of the song. The foundation of the ensemble is also perfectly anchored by Dannie Richmond.
On the album Black Bone by Craig Harris (1983) we have George Adams as a sideman – followed by George Adams as a member of the Mingus Dynasty in the Village Vanguard, finally Live at Montmarte (not published until 2000) and then the album More Sightings released by Enja in 1984. Allmusic comments: The music has its strong moments, even if it’s not particularly memorable. Okay, maybe we shouldn’t give the question too much weight, otherwise we’ll end up with the statement that, as far as jazz is concerned, it’s always an option of what jazz still wants to be.
Listening through the albums, I come to the conclusion: George Adams was strongly influenced by musical styles of all kinds – from bebop to blues to funk to free jazz, George Adams left an interesting and comprehensible trace, especially the powerful and expressive interplay between him and Don Pullen, who sometimes plays the piano wildly, opens a few doors when listening and also leaves a few images, but these remain more in the mystery of the players and do not point to an unmistakable uniqueness, rather to an infectious joy of playing and unusual cadences – at least as far as the drumming of the piano is concerned – it’s hard to imagine that anyone else wanted to jump on this bandwagon, especially as jazz had just picked up speed in its loss of significance in the 80s – it may be that individuals jumped on this bandwagon here or there – but they won’t have been on it for very long – or rather, some of these bandwagons went in very different directions: If I hear something in George Adams‘ music, it is an attempt to bundle and bring together or hold everything that seemed possible, and yet: this does not change the fact that styles follow their possibilities and regularly succumb more to the principle of sequencing and parcelling. And yet: George Adam’s music is still easy to understand today, it remains lively and surprising.
In this respect, it will be interesting to see how George Adams sounds a good forty years later as performed by Tobias Tinker, Jörg Miegel, Horst Nonnenmacher and Kai Lübke. See and hear us on site on August 31 at the Schlot (in the Kunstfabrik).