David Bixler – incognito ergo sum
Release 26.06.2025
David Bixler Alto & Soprano Saxophones
Dan Loomis Bass
Fabio Rojas Percussion
davidbixler
Incognito ergo sum heißt so viel wie ich bin unbekannt, also bin ich – der Sound von der Unsichtbarkeit, dem Außenvorsein, vom Leben am Rand und unter Verschluss. Wenn da nicht ein paar Leute wären, mit denen es ein Abkommen gibt, käme es einem Leben im Schatten der anderen gleich, in der Hochpaterre knarzt das Gebälk – wir sagen wir und haben nur Bilder davon – eine Lesart. Die andere ist vertröstend zwischen den Tönen: wenn wir zusammenspielen, dann nicht sosehr unter dem Vorzeichen unserer Bekanntheit, sondern im Sinn unserer Bekanntschaft, wir spielen um des Spieles willen und nicht um des augenscheinlichen Sichtbar- oder Hörbar werdens willen – so kann man es lesen, so wird es beschrieben im Vorwort zum Vorgänger Album Inside the Grief:
Da spielte die Operation an David Bixlers Sohn eine dominierende Rolle, die Unmöglichkeit der Begegnungen während Covid und gleich auch das gesellschaftliche Abdriften von der Vernunft hin zur affektiven Emotion als ein Leben auf der Rasierklinge, wieder die Frage: was willst du mir sagen warum, die Sinnfrage drückt, die Worte weichen, reden sich raus, finden Widerworte, von denen gibt es genug.
Der lange Weg zum kurzen Satz: wer der Selbstüberhöhung müde wird, braucht etwas für die Hände, wer zuviel des sich selbst gebärenden und überbordenden Wortsalats gehört, gelesen und zu sich genommen hat, braucht Rückzugsorte, Fix- oder Orientierungspunkte: die gibt es im Konkreten, im Haptischen, im Handwerklichen, zwei sehr überzeugende Aufnahmen kammermusikalischer Ausrichtung liegen vor, für die einen ist es typisch kühler wie radikaler New Yorker Sound (Paris Move), für andere (allaboutjazz) spielen sie dialogorientiert, ungebunden und von der Neugier geleitet – hier ein langes Ein- wie Ausatmen, schon sind wir im Blues, aus dem der Bebop folgt, der in den Groove übergeht und siehe da, Fabio Rojas spielt mit, der famose Perkussiontist und Schlagwerker aus Venezuela, den wir gesehen und gehört haben anlässlich seines Debutalbums Perseverance.
Da ist die trockene Luft, das sperrige Holz, da sind die Pausen, Unterbrechungen und Stagnationen wie Unzulänglichkeiten im Unzugänglichen, es folgen die Versuche, dem die eigenen Geschichten entgegen zu stellen, musikalisch, vor weniger als vier Leuten, da covidbedingt niemand auf die Straße wollte in New York vor vier fünf Jahren und noch heute ist es so, als wollte man sich eher aus dem Weg gehen als begegnen, in anonymen Räumen, in der Abgeschiedenheit, im Gefühl vom unbekannt sein, und aber also bin ich, trotzdem bin ich, deswegen und nicht ausversehen – sondern jetzt wieder und das erstrecht und mit Absicht.
Sie produzieren Kammermusik in Bestnoten, ja, die Frage stellen sie auch: ob das, was sie bewegt, durch die Musik zum Ausdruck kommt: von hier nach dort lässt sich antworten: ja, es schimmert durch, die Absicht, was gleich auch zur Fangfrage wird: wie viele der Räume werden sichtbar und weiten sich auf, wie viele davon werden übermalt.
Wo für die einen das Ende der Kunst erreicht und sichtbar wird (alles so überbewertet und über ihre Bedeutung hinaus eingeschätzt), beginnt sie für andere (alles ist Materie und alles kann noch einmal gedeutet und neu zusammengesetzt werden). So gelesen werden wir Ohrenzeugen eines über sich selbst hinausweisendes Werks: wie Innen zu Außen und Außen nach Innen verweist: und das Zusammenspiel dreier gleichwertiger Partner das eigentliche für Musik so wichtige Instrument produziert: das menschliche Ohr, durch das all das zu Musik gewordene Leben hindurch will oder kann: wir haben es so gelesen mit einem Ansatz zu tun, da Musik ihre Bedeutung gewinnt, wenn du dich auf sie einlässt und zuzuhören beginnst ohne Vorbehalt und ohne jenen Kriterien- und Kategorienkatalog, der durch jede Musik hindurchhört.
So gesehen. Ein kammermusikalisches Konzentrat, das auf Fortsetzung angelegt ist, ja, antworte ich, bitte mehr davon.

von David Bixler

von David Bixler