Vivaldi: The Four Seasons Europa Galante, Fabio Biondi 1999

Zum Vivaldi mit dem Jazz

Zum Vivaldi mit dem Jazz – nehmen Sie das nicht alles für bare Münze, Sie

Der Anfang geht so. Arne berichtet mir vom Tod seines Kanarienvogels. Ich bedaure das Ableben seines Kanarienvogels aufs Innigste, aufs Tiefste und nehme Anteil, indem ich ihm eine Kondolenzmail schreibe. Darauf antwortet er mir bei einem unserer Treffen: „Du hast eine depressive Mail geschrieben“. Ich korrigiere ihn, das sei keine depressive Mail gewesen, es war nach Darstellung der Dinge eine deprimierende Mail seines verstorbenen Kanarienvogels wegen. Ein großer Unterschied, sagte ich. Er beharrte darauf, dass meine Mail depressiv war. Er wollte mich also in einem Zustand wissen, der ganz der seine war. Soweit verständlich.

Seit ungefähr zehn Jahren mache ich in Sachen Jazz Public Relation, am Anfang euphorisch, neugierig, eher unwissend, nicht nur eher unwissend, sondern komplett unwissend. Inzwischen öffneten sich mehr als 1000 Türen. 1000 können wir durch 2000 ersetzen. 2000 können wir durch 3000 ersetzen.

Heute auf einem Konzert die Aussage : das sind sehr viele Mosaiksteinchen.

Nun weiß ich schon länger: Public Relation funktioniert nicht nur, indem man fortwährend lobt und feiert, was der Markt an Feierlichkeit und Lobenswertem bereithält, vielmehr lebt und gedeiht Public Relation auch durch Polarisierung, durch Übertreibung, durch Schönermalen oder Hässlicherpersiflieren, durch Zuspitzung und Abgrenzung, durch Separierung, sprich: damit etwas hervorsticht, muss es sich absetzen. Dieser Logik folgend, muss alles Streitschrift werden. Alles muss Kampfschrift werden. Alles muss aggressiv dargestellt werden, alles will laut werden, muss krachen. Armer Kanarienvogel.

Auch gelte es zu unterscheiden zwischen Vernunft und Aggression oder Vernunft und Tohuwabohu oder Vernunft und Chaos, dabei helfe Vernunft bei der Chaosbeherrschung. 

Gleich auch : der Jugend fehle es an Gegenkultur, gleich auch : wie spießig es wird, wenn alle vernünftig sind. Die Vernunft soll siegen über Chaos, Willkür, schnelle Schnitte, Action Sex Porno Aggression Mord & Todschlag, Krieg. Eine theoretische Vorgabe.

Übertragen auf den Jazz könnte man sagen, haben wir alles. Nur eben auch. Jazzmusiker sind in erster Linie Musiker, das darf man nicht unterschätzen. Musiker sind erst einmal Musiker. Trotzdem müssen auch Musiker mehr darstellen als ihre Musik, sonst hört sie keiner. Ein Kanarienvogel ist ein Kanarienvogel. Viele Kanierenvögel sind viele Kanarienvögel. Sie singen um die Wette. Musizierende musizieren um die Wette. Ich lege mich mit ihrer Musik an, indem ich um die Wette schreibe. Nur auch: es gibt so wenige, die über Musik schreiben, weniger als Musizierende, viel weniger als Kanerienvögel.

Gleich auch : Musizierende sind am äußeren Rand der Gesellschaft aktiv. Kanarienvögel in der Küche oder auf dem Balkon. Die da musizieren haben eine eigene Antwort gefunden im Rahmen der allgemeinen Orientierungslosigkeit. Wir wissen, dass der Markt alles beherrschen will, der Markt will Polarisierung, er will Erfolg. Er will ökonomische Durchdringung, er möchte Gewinne erzielen. Er spielt sie gegeneinander aus. Wer die besseren Partner hat gewinnt.

Kanarienvögel kennen keine Partner, sie wetteifern.

Gleich auch : Musizierende sitzen nicht im Käfig, sie sitzen im Glockenton ihrer Referenz. Wollen die Sinne berühren und gewinnen. Möchten Publikum gewinnen, möchten einen Auftritt im Konzert. Möchten Käufer für die CD, möchten Zuhörende, möchten als Musiker, als Musikerin gewinnen im Sinne einer Erweiterung ihres Klangraums.

Gleich auch : das eigene Umfeld ist auf sich selbst bezogen fast schon privatisiert. Wir gehen ins Wohnzimmer, Jazz machen. Gleich auch : Das ganze Equipement. Gleich auch : Alles herzt sich, freut sich, setzt sich. Sie wirken befreundet untereinander. Im Wohnzimmer. Gleich auch : sie retten sich in ihre Sofa-Nischen. Gleich auch : die Garnituren müssten erneuert werden. Gleich auch : Bier ist nicht Bier und nennt sich auch Sonntagsruhe. Viele Sitzungen finden statt in ihren jeweiligen Wohnzimmern. Auf diesen Sitzungen zirkulieren Namen, Visitenkarten, schöne Grüße. In keinem dieser Wohnzimmer sang jemals der Kanarienvogel von Arne.

Man müsste das alles viel kritischer sehen, sagt Arne immer. Du mit deiner Harmoniesucht in C- oder D-Dur solltest mal auf Bach’sches Donnergrollen in H-Moll setzen, nicht immer Vivaldi im Sommerkleid, sondern Bruckner im Zentrum des Orkans, nicht immer Mozart im schönen Schein sondern Schönberg im Dissonanzraum, nicht immer Kanarienvogel, sondern Grunzen, Brummen, Stampfen, Lautmalen und Ausrasten im Geröllschlag deiner Plattitüden. Der Arne. Sagt von sich, er sei Karl Kraus geschult und kritisiere nicht, sondern helfe. Diese ganzen unbedarften Leute überall, sagt Arne, die von Trompeten so wenig Ahnung haben wie vom ordentlichen Paukenschlag. Alles schmiert sich die Lobhudelei auf die Brötchen, statt sich dem zu stellen, was ist: Fenstersturz und Schüsse im Tiergarten, Schönwetterpropheten statt Gewitterprognosen, weniger Harmonie wagen, mehr spitzen Ton, so Arne.

Ich bin der Harmonie gefolgt und habe hier oder da eine getrichen Sieben oder Flat Fifth oder Suspended Four versucht – fast unhörbar – dachte, man soll, was gefällt, anzeigen. Bekannt ist: vieles von dem, was ich hörte, ist nicht schlecht, sondern gut, wenn nicht sehr gut, gleich auch : die Qualität der Musiker und Musikerinnen ist per Person und per Instrument enorm. Sie sind qualitativ hochwertig und suchen Publikum.

Gleich auch : Es sind viele in diesem qualitativen Momentum, stehen trotzdem im Wettbewerb quantitativer Häufung, Jazz ist Musik für Musiker, zitiert es Arne wiederholt wie ein Papagei. Da gäbe es nur einen Ausweg, so Arne : lass uns alle musizieren, gleich auch : musizieren heißt nicht gleich musizieren : musizieren sei auch eine individuelle Angelegenheit, gleich auch : wie soll man ein Publikum gewinnen, das sich über Fernsehserien, über Sofakulturen, über Spiele, über Fußball, über Grillparties, über das schöne Leben findet und Musik nur als Hintergrundrauschen wahrnimmt?

„Du kannst vom Publikum doch nicht erwarten, dass es auf dem gleichen Niveau ist wie all die, die jeden Tag ihr hohes Niveau praktizieren an ihren Instrumenten.“ Sagt Arne.

Trotzdem gilt es zu provozieren. So Arne. Man muss polarisieren – du musst riskieren, dass du Freunde verlierst. Du musst riskieren, dass man dich verschmäht. Du musst riskieren, dass man dich nicht mag, so Arne.

Aber aber, entgegnete ich … siehst du etwa noch inhaltliche Auseinandersetzungen ? Vielmehr geht jede Polarisierung einher mit Publikumsbeschimpfungen, Dirigenten-Degradierung, mit Niedermachen der Staatskapelle, mit schäbigem Verhalten der Posaunisten & Trommler, mit persönlicher Denunziation dessen, der das feststellt, mit dem Desavouieren der Geldgeber wie dem Zertrampeln aller Noten im Kies der Spree. Um es mit Thomas Bernhard zu sagen, das geht einher mit Vernichtung und Auslöschung all dessen, was mit Kultur zu tun bekommt. Willst du dir in diesen Zeiten Position verschaffen, musst du dir Antagonisten heranzüchten, die du zu deinem Punching-Ball erklärst. Auf Kosten ihrer Reputation, auf Kosten ihres Rufs. Die Boulevardiesierung von Kunst und Kultur nenne ich das, Schmutz- und Schmushandel nenne ich das, wenn du das als Schlüssel zum Erfolg betrachtest, kannst du dir gleich ein Kostüm kaufen und wie die Persiflage deiner Traurigkeit Krokodilstränen vergießen in der Hoffnung, dass dir überhaupt noch einer zuhört.

Gleich auch : wenn du mit namentlicher Erwähnung vorgehst, bist du der erste, der aus dem Rennen ist. Du desavouierst schließlich dich selbst. Du musst schon ziemlich dickhäutig sein, das alles auszuhalten, nicht wahr. Erzähl mir nichts von empathischen Wellen oder Mitgefühl. Sie würden dir alle möglichen wie unmöglichen pathologischen Phänomene andichten, nur damit sie glauben, sie hätten in dir eine angesagte Adresse ruiniert. Vergiss nicht. Das Start- wie Grundkapital des Jazz ist das Vergessen, alles was da passiert, muss gleich wieder weg. Damit setzt du dich auseinander. Mit dem Verschwinden all dessen. Sei bitte nicht naiv.

Grundsätzlich, ich halte von dieser Strategie nichts. Und doch muss ich einsehen … wir haben es mehrfach erlebt … wenn du jemanden hofierst, dich ihm positiv zuwendest und entgegenkommst, wirst du mit höchster Wahrscheinlichkeit ziemlich schnell weggecheckt. Ich nenne das den Bodycheck der Arglosen. Schau dir deine Freunde an. Wer von denen verspricht sich von dir mehr, als du ihm geben kannst? Wer von denen umgibt dich, obwohl oder gerade weil du ihnen nicht positiv begegnet bist, sondern weil du sie gestochen, sie geärgert hast, schau dich um. Wer hat dich auf dem Kieker? Tritt jemandem auf den Fuß, merkt er sich das. Und will zurücktreten. Er wird sich erinnern. Wenn du ihm guten Tag sagst und ihm darlegst, wie toll er ist, feiert er das, für den Moment, hat es aber gleich vergessen und wendet sich denen zu, die ihn verpönen, verhöhnen oder unhöflich behandeln.

Stell dir vor, ich würde Namen angeben und sie desavouieren. Alles das, was als Enttäuschung aufgetaucht ist, namentlich erwähnen. Stell dir vor, was ich für Skandälchen, Übertretungen, Übergriffigkeiten, Nachlässigkeiten, miese Angewohnheiten oder unangemessenes Verhalten anzeigen würde. Ich könnte die ganze Szene gegen mich aufbringen. Sie würden sich zur Wehr setzen wollen. Gleich auch : hat man das Gefühl, dass diese Szene sich mal zur Wehr setzen müsste : da man sie nicht beachtet, [wieso dürfen nur Schauspieler laut schreien?] aber sie tun es nicht, sie haben rausgefunden, dass man sich im Wohnzimmer trifft, in einem der Wohnzimmer gibt es französische Küche vor dem Musik-Dessert. 

Auf dem Weg vom Konzert nach Hause blieb eine Frage unbeantwortet. Bitte, welche Botschaft geht von Konzerten aus? Was ist Sinn und Inhalt der Konzerte? Außer der musikalischen Präsentation gibt es keinen inhaltlichen Aspekt, den es zu verfolgen lohnt, wir kommen immer wieder zum Ergebnis. Es sind 90 Minuten oder zwei 2 Stunden, dann ist es vorbei, es verpufft, wir sind im Eric Dolphy Modus. Alle Töne verschwinden im All – ohne Widerhall. Das ist zu wenig, ich kann diese Verschwendung im Verschwinden nur als verschwenderisches Verschwinden bezeichnen. Als Theorie nicht nachvollziehen. Denn: frei wird man durch fortwährendes Verschwinden der Töne nun auch nicht. Es handelt sich eher um ein Überbrückungsmedium, um Stand of the Art, um Kunst für den Moment, um Performance. Eine Vernissage. Flüchtigkeitsverhalten im Abwarten, Beäugen und Belächeln.

Wie kriegen wir eine dauerhafte Nummer in die Szene, wenn wir die Dauerhaftigkeit andauernd als Nachhaltigkeit des Verschwindens erleben.

Schon auch seltsam, dass man die Beats der Siebziger immer noch liebt, als kämen sie durch dich hindurch, seltsam, dass man Siebzigerjahre Platten auflegen kann und fast jede dieser Platten ist durchgehend körperlich spürbar, wir hätten ein Kriterium : es muss körperlich werden, es darf Lust machen auf mehr, es muss spürbar werden. Es muss körperlich an dich rangehen. Ein Sax ohne Sex ist wie Drums ohne Wumms.

Meinetwegen, wenn du aber viel gehört hast, hast du gleich auch einen höheren Anspruch und plötzlich geht nichts mehr, weil alles am Anspruch kleben bleibt.

All dies Intellektuelle von wegen intellektuelle Musik : es gibt keinen Zugang zum Intellekt, Intellekt kommt von interlegere – ist latein und heißt verstehen, innewerden, erkennen aber auch: Intellektualismus als Überbetonung der Rolle des Verstandes im Erkenntnisprozess bei Unterschätzung der Praxis und der Intuition. Such es dir aus.

Nun stell dir vor, ich würde die namentlich erwähnen, die vergessen haben, dass ich für sie Public Relation betrieben habe. Stell dir vor, ich würde namentlich erwähnen, dass ich in ihrer Musik Inhalte vermisse. Stell dir vor, ich würde sowieso Inhalte vermissen. Stell dir vor, ich würde ihre Musik mit pornografischen Darstellungen gleichstellen.

Frisch auf dem Tisch: die Chronik von Siegfried Unseld, dort wimmelt es nur so von Ungeheuerlichkeiten. Die Erzählungen die Darstellungen. Ein Kaleidoskop der Menschen Unmöglichkeit, Verdachtsmomente, Missverständnisse, Eitelkeiten, Selbstüberschätzungen. Selbst Fehleinschätzung, viele wunderbare Formulierungen. Lustige Formulierungen. Anwendbar aus der Literatur auf die Musik.

Die Ungeheuerlichkeit, die ein Herr B. von sich gibt. Die Literatur ist tot. Jetzt schaffen wir die Autoren ab.

Den Zusatz will er nie getätigt haben – es gilt die Aussage trotzdem, sie ist bezeugt. Dass man, was man nicht gesagt haben will, mehrfach bezeugt bekommt. 1969, 1971. Die Literatur ist tot. Jetzt schaffen wir die Autoren ab. Nun stell dir vor, wir würden sagen, der Jazz ist tot. Wir schaffen die Musiker ab, ein eigentlich skandalöser Theatersatz, der eine Groteske ist. Der Satz Der Jazz ist tot ist sowieso auf Sicht nicht mehr skandalös, sondern lustig, längst überholt vom toten Jazz, der seit Jahrzehnten von seinem Ableben berichtet und nichts zu erzählen weiß von seinem Ableben, außer dass er mal gut mal besser klingt – Ich weiß vom lebenden Jazz, dass er in allen möglichen Facetten auftaucht und in unglaublich vielen Mosaiksteinen verstreut erscheint.

Ich kann erkennen, dass der Jazz tot ist wie lebendig. Das war Public Relation mit Aufguss. Interessant wäre : der Jazz ist tot. Wir schaffen die Musik ab, es würden Musiker bleiben. Ha ha. Die Musikerin und die Musik schaffen wir auch ab. In diesem Satz ist nicht mal eine skandalöse Aussage anzutreffen. In diesem Satz lauert vielmehr eine tief sitzende Ironie.

Vieles von dem, was wir inzwischen als Musik begreifen, lässt sich auch voll automatisiert darstellen, du spürst wie viele musikalisch versuchen, ihre Identität darzustellen, sich selbst darzustellen, ihre Wichtigkeit innerhalb der Musik, ohne das jetzt überstrapazieren zu wollen. Tatsache ist ja vieles von dem durch Computer längst adaptiert und ausführbar. Tatsache aber würde computergenerierte Musik nicht mehr lebendig klingen, das wissen wir auch : wir sind dermaßen komprimiert inzwischen, dass wir es nicht mal merken und nicht mal vermissen. Alles in allem sogar begrüßen, wenn es über die Computer generiert wird, das verpflichtet zu nichts, macht nicht schuldig am Misserfolg der vielen, und lässt uns unberührt Wellness Farmen betreiben. Was wir uns als menschliche Größe vorstellen, weil wir großen Zweifel haben an der menschlichen Größe.

Gleich auch : Musiker wie Musikerinnen, das ist irgendwie in sich ein falscher Begriff. Sie sind ja auch Manager inzwischen, Kritiker, betreiben Akquise und zeigen Verkaufstalent. Sie haben Termine. Verpflichtungen. Haben Fragen an ihre Zeit. Sind zerstreut und aber auf ihre Musik fixiert, müssen sich konzentrieren eigentlich und haben nicht mal Muse und Zeit, sich zu konzentrieren, weil alle möglichen Informationen auf sie einprasseln.

Man muss auch Rücksicht nehmen auf Ihre Arbeit, für ihren Input – Amerikaner würden impact dazu sagen oder keine Ahnung was – es ist überkreuz inzwischen total zuviel alles. Es ist so vieles im Strom und dann will noch jemand gehört werden, es sollen die Leute das Ohr aufmachen. Das Ohr aber ist in sich schon strapaziert, permanent strapaziert. Straßenlärm. Rückwärtspiepende LKW, Ampelsurren. Autohupe, bellender Hund und kreischende Katze. Platzendes Kondom und Zeugen der Nachbarn. Jesus hilft und Donny nicht. Die Hupen der Nationalen wie die Tröten der wer hat uns verraten? Die Zeit im Kampfmodus, daher im Mainstream Anker geworfen werden, sich Freejazz anhört wie Ambient-Suppe und irgendwelche Flötentöne keine Logik ergeben und sowieso alles im Wellness Charakter absäuft um viertelvorzwei. Sounds für Unterwegs, Mögliches wie Unmögliches will die Seele berühren und nennt sich Möglichkeitssinn. Bei vielen sträuben sich die Haare zum Toupee und Bayer Leverkusen ist nicht Bayern und wenn erst die Seele angesprochen werden will, ist es mit der Musik wie mit dem Jazz der tot ist wie lebendig vorbei im Sinne des: alles nochmal von vorn! Wir schaffen die Musiker ab. Der Film ist tot. Wir schaffen die Schauspieler ab. Die Literatur ist tot. Wir schaffen die Autoren ab. Die Malerei ist tot. Wir erschaffen neue Pinsel.

Künstlermanufakturen und der Bedarf nach Kultur gehen einher mit Hausmittel, die getrichen werden. Der Dönerpreis ist Wucher und wird nie wieder billig. Störungsfreies Mittagessen mit Pat Metheny im Fahrstuhl, im Sekretariat und schon ist es viertelvorzwölf, obwohl die Uhr gestern schon viertelnachzwölf zeigte, bald ist Ruh.

die im Widergänger-Ohr bleiben – Vivaldi

Vivaldi: The Four Seasons Europa Galante, Fabio Biondi 1999
Vivaldi: The Four Seasons
Europa Galante, Fabio Biondi
1999
Vivaldi: Le Quattro Stagioni - Rebel: Les Eléments
Midori Seiler, Akademie für Alte Musik Berlin
Vivaldi: Le Quattro Stagioni – Rebel: Les Eléments
Midori Seiler, Akademie für Alte Musik Berlin
2010
Antonio Vivaldi - The Four Seasons
Trevor Pinnock
Antonio Vivaldi – The Four Seasons
Trevor Pinnock

Ich sehe, was einzigartig ist, das weiß ich. Das kommt nach vorne. Die Aussage einer Kulturkritikerin, einer Agentin der Kunstszene, ich sehe, wie die Leute sich gegenseitig was einschenken und aufeinander warten. Dass sie voneinander voreinander oder durcheinander entdeckt werden. Im übrigen die Skandalisierung, die nötig wäre, um entdeckt zu werden, hat es schon gegeben, für Jimi, Janis und Elvis. Die gibt es auch schon unter Vivaldi, Mozart und Beethoven. Ja eigentlich auch schon unter Jesus und Mohammed. Schon immer, so lange es so vieles davon gibt. Die Häufung der immer gleichen Art und Weise der Darstellung trifft dann auf das, was über alle kommt, irgendwann, im Zenit des genauen Gegenteils dessen, was alle erwarten.

Es kommt die Überhöhung oder die Durchführung der Jean d’ Arc mit Kontraphrase. Es kommt das Gegenteil dessen, was Gegenteil ist – in der Unseld Chronik suchen sie jetzt die Skandälchen des Unseld mit seinen Autoren, der Max, der Peter, der Martin, der andere Peter, und wer nicht schon tot ist, steht wieder auf, und so schreibt sich die Erfolgsgeschichte des Verlags, der alles kann und niemandem traut, immer weiter – bis der Anwalt kommt und das Schreiben aufs Neue verbietet – denn es schreibt nur noch einer, die Stimme des Herrn.

Stell dir vor es ist Freejazz und keiner hört zu. Die da immer glauben, sie gehörten allen, aber keiner hört zu. Ihr da in euren Wohnzimmern. Du da mit deinem erneuerten Papageno. Du da mit dem leeren Käfig. Du da, Arne, schon einen neuen Vogel gefunden?

Da es doch auch um rechtliche Fragen geht, man sich rechtlich absichern müsste gegeneinander voreinander, um vielleicht doch noch gemeinsam zu einer besseren Idee zu kommen, außer immer nur nach Subventionen zu rufen – hallo, hört mich da einer? Subventionen auch für mich. Ich bin der Zuschauer und hab bald kein Geld mehr für all die Konzerte. Wer subventioniert das Publikum, andere Frage.

Es stellten sich auch Unseld die Fragen der Anarchie, Demokratie, Oligarchie. Da hatte er kundige Bürger in Habermas und Bloch um sich herum, geführt werden, mitgenommen werden. Wie häufig habe ich gehört. Hol mich ab, was für eine Anmaßung : hol mich ab – ich hab dich nicht verstanden – ich musste mir das schließlich auch erarbeiten. – holt mich ab. Draußen wartet der Lieferant auf Zustellung.

Ich muss erst mal den Fernsehkanal ändern. Entschuldigung. Zu viel Werbung. Ich schaff das nicht mehr. Wer will denn das alles essen? Wieviele Gesichter hast du, das alles zu pudern? Wieviele Knochen das alles zu rhythmisieren, zu aromatisieren, zu rheumatisieren.

Manchmal sehe ich und denke, ich sitze in der Falle. Im Glückskäfig ohne Singperlen. Ich hab was verpasst. Ich hatte 40 Jahre Zeit etwas aufzubauen. Dann habe ich zurückgeblickt und dachte, die 40 Stimmen nicht, im Alter von 20 war ich nicht in der Lage, etwas aufzubauen, im Alter von 20 war ich verschüchtert und wusste nichts, hatte irgendwelche Bücher im Kopf, irgendwelche Selbstdarstellungen, hatte die Suhrkamp Bibliothek im Kopf, hatte den Bloch gelesen, bzw versucht zu lesen. Habe ihn nie durchgelesen. Ich bin nicht sicher, ob irgendjemand überhaupt diese ganzen Bücher gelesen hat – es gibt jene Wissenschaftsabteilung. Da heißt es seitens Lektor. Sie wissen ja gar nicht, was das für eine Schmach es ist, jeden Tag Bücher zu bearbeiten, die kein Mensch liest. Von diesen Büchern gibt es inzwischen millionenfach Bücher, die kein Mensch liest. Musik, die kein Mensch hört. Bilder, die kein Mensch sieht. Autos die ohne Insassen fahren. Landschaften, die noch nie betreten wurden.

Eigentlich stellt das große Chancen dar, eigentlich sind es offen liegende Möglichkeiten. Wir haben die musilsche Möglichkeitsform, er nennt es Möglichkeitssinn. Das sind so utopische Ideen, in denen sich auf Dauer alle verlieren, weil immer wieder in diesem weitere Möglichkeiten sind. Die Fantasie aufgesetzt wird, die Fantasie angesetzt, angeregt wird und die Fantasie aber sich sozusagen individualisiert und verliert.

Inzwischen tendiert alles zu einer Art Kollektivzwang. Wir gucken halt das gleiche, in die gleiche Richtung, dorthin, wo der Attraktor lauert. Auch das stimmt so nicht. Wir gucken nicht das gleiche, es gibt inzwischen mehr als 1000 Fernsehprogramme. Es gibt inzwischen mehr als 500 Millionen Webseiten. Es gibt inzwischen mehr als eine Suchmaschine ha ha, es gibt inzwischen mehr als ein Betriebssystem. Ha ha. Es gibt inzwischen mehr als eine Fernbedienung. Ha ha. Es gibt geschätzt 3500 Jazz musizierende nur in Berlin. Früher ging ich davon aus, dass 3500 Jazz Musizierende über Deutschland verteilt seien. Nein, inzwischen gibt es nur noch Berlin, könnte man glauben, sie sind alle in Berlin. Nun glaub nicht, dass von den 3500 sich jeweils einer für die 3499 interessiert, nein, sie interessieren sich erst mal für sich. Naturgemäß.

Wir hatten eine Konzeption im Kopf und diese Konzeption, merkten wir, ist sehr kompliziert und sehr schwer zu vermitteln. Die Nummer musst du erst mal hinkriegen: Vermittele mal deine Individualität!

Wenn so viele Individualisten sich treffen, will keiner vom anderen vorgemacht bekommen, dass derdort jetzt der Wichtigste ist oder der Bessere oder der Richtige, gleich auch : musst du, um das zu gewährleisten, eine gewisse Höflichkeitsform wahren. Dann musst du dich einordnen, lächeln, freundlich bleiben, zuversichtlich, obwohl es alles andere als einfach ist.

Sometimes I feel so good – Pharoah Sanders – 1977 – einfach nur Pharoah genannt – Pharoah macht Musik fürs Publikum – und wir denken noch darüber nach – das ist gleich auch : optimierbar. (Sanders was „beginning to drift into watery new age muzak.“) Man kann auch sagen: das Album überbietet sich an Redundanzmomenten in sich rezitierendem sich wiederholendem Verewigenwollen, es verschwindet ebenso im All der Bedeutungslosigkeiten, wäre da nicht der Name Pharoah Sanders – stell dir vor, ich schriebe so etwas über einen der Namenlosen unserer Zeit – er käme sicherlich vor Begeisterung nicht mehr aus seinem Bett. Zwei dieser Bettlägrigen haben wir ausfindig gemacht: Typ Oblomov und Typ Spitzweg.

Vergessen wir nicht: Das Grundkapital des Jazz ist das Vergessen. Das sorgt für Chancengleichheit denkst du – das Gegenteil ist der Fall. An John Coltrane können sie sich erinnern, und nicht mal an den richtig. An Miles Davis können sie sich erinnen, und nichtmal an den richtig. Sie erinnern sich an die, die vor kurzem verstorben sind und nicht mal an die richtig. Insofern. Ziemlich viel Wind um viele Töne, die allesamt verpuffen, sollte ich mich nicht hier und da mit ihnen beschäftigen.

Pharoah
Pharoah Sanders
Pharoah Sanders – tenor saxophone, percussion, vocals
Bedria Sanders – harmonium (track 1)
Clifton "Jiggs" Chase – organ (tracks 2 & 3)
Tisziji Munoz – guitar
Steve Neil – bass
Greg Bandy – drums (tracks 2 & 3)
Lawrence Killian – percussion
Pharoah
Pharoah Sanders
Pharoah Sanders – tenor saxophone, percussion, vocals
Bedria Sanders – harmonium (track 1)
Clifton „Jiggs“ Chase – organ (tracks 2 & 3)
Tisziji Munoz – guitar
Steve Neil – bass
Greg Bandy – drums (tracks 2 & 3)
Lawrence Killian – percussion
A Love Supreme
John Coltrane
A Love Supreme
John Coltrane
John Coltrane – Tenorsaxophon
McCoy Tyner – Piano
Jimmy Garrison – Kontrabass
Elvin Jones – Schlagzeug
Out To Lunch (The Rudy Van Gelder Edition)
Eric Dolphy
Out To Lunch (The Rudy Van Gelder Edition)
Eric Dolphy
Eric Dolphy – bass clarinet (1 & 2), flute (3), alto saxophone (4 & 5)
Freddie Hubbard – trumpet
Bobby Hutcherson – vibraphone
Richard Davis – double bass
Tony Williams – drums

Zum Vivaldi mit dem Jazz – nehmen Sie das nicht alles für bare Münze, Sie

English Version

It starts like this. Arne tells me about the death of his canary. I deeply, deeply regret the death of his canary and sympathize by writing him an email of condolence. He replies to me at one of our meetings: “You wrote a depressive email”. I correct him, it wasn’t a depressive email, it was a depressing email because of his deceased bird. A big difference, I said. He insisted that my email was depressive. So he wanted me to be in a state that was entirely his own. So far understandable.

I’ve been doing public relations in jazz for about ten years, at first euphoric, curious, rather ignorant, not just rather ignorant, but completely ignorant. In the meantime, more than 1000 doors have opened. We can replace 1000 with 2000. We can replace 2000 with 3000.

Today at a concert I was told: that’s a lot of pieces in the mosaic.

Now I’ve known for some time that public relations doesn’t just work by constantly praising and celebrating what the market has to offer in terms of festivity and praiseworthiness; rather, public relations also lives and thrives through polarization, through exaggeration, through making things more beautiful or uglier, through exaggeration and differentiation, through separation, in other words: for something to stand out, it has to stand out. Following this logic, everything must become a polemic. Everything has to become a battle cry. Everything has to be presented aggressively, everything has to be loud, has to crash. Poor canary.

It is also important to distinguish between reason and aggression or reason and hullabaloo or reason and chaos, whereby reason helps to control chaos.

The same applies to the lack of counter-culture among young people, and the same applies to how bourgeois it becomes when everyone is reasonable. Reason should triumph over chaos, arbitrariness, quick cuts, action sex porn aggression murder & death, war. A theoretical guideline.

Applied to jazz, you could say we have everything. But also. Jazz musicians are first and foremost musicians, and that shouldn’t be underestimated. Musicians are musicians first and foremost. Nevertheless, musicians also have to represent more than their music, otherwise no one will listen to them. A canary is a canary. Many canaries are many canaries. They sing in competition. People who make music compete with each other. I mess with their music by competing with them. But also: there are so few people who write about music, fewer than musicians, much fewer than canaries.

Also: musicians are active on the outer fringes of society. Canaries in the kitchen or on the balcony. Those who make music have found their own answer to the general lack of orientation. We know that the market wants to dominate everything, the market wants polarization, it wants success. It wants economic penetration, it wants to make profits. It plays them off against each other. Whoever has the better partners wins.

Canaries don’t know partners, they compete.

Musicians don’t sit in a cage, they sit in the bell of their reference. They want to touch the senses and win. They want to attract an audience, they want to perform in concert. They want buyers for the CD, they want listeners, they want to win as musicians in the sense of expanding their sound space.

The same goes for: your own environment is almost privatized. We go into the living room, make jazz. The same: all the equipment. The same: everyone is warm, happy, sits down. They seem to be friends with each other. In the living room. In a moment: they save themselves in their sofa niches. The same: the furniture needs to be replaced. Also the same: beer is not beer and is also called Sunday rest. Many meetings take place in their respective living rooms. Names, business cards and greetings circulate at these meetings. Arne’s canary never sang in any of these living rooms.

You should take a much more critical view of it all, Arne always says. You, with your addiction to harmony in C or D major, should focus on Bach’s thunderous roll in B minor, not always Vivaldi in a summer dress, but Bruckner in the center of the hurricane, not always Mozart in a beautiful glow but Schönberg in the dissonance space, not always canary, but grunting, humming, stomping, making noise and freaking out in the scree of your platitudes. The Arne. Says of himself that he is trained in Karl Kraus and doesn’t criticize, but helps. All these ignorant people everywhere, says Arne, who know as little about trumpets as they do about proper drumbeats. They’re all smearing praise on their buns instead of facing up to what’s going on: falling windows and gunshots in the Tiergarten, fair weather prophets instead of thunderstorm forecasts, daring less harmony, more pointed tones, says Arne.

I followed the harmony and tried a dotted seven or flat fifth or suspended four here or there – almost inaudible – thought you should show what you like. What is known is that much of what I heard is not bad, but good, if not very good: the quality of the musicians per person and per instrument is enormous. They are of high quality and are looking for an audience.

And the same: there are many in this qualitative momentum, yet they are in competition with quantitative accumulation, jazz is music for musicians, Arne repeatedly quotes like a parrot. There is only one way out of this, says Arne: let’s all make music, and in the same way: making music is not the same as making music: making music is also an individual matter, and in the same way: how are you supposed to win over an audience that finds out about TV series, sofa culture, games, soccer, barbecues, the good life and only perceives music as background noise?

“You can’t expect the audience to be at the same level as all those who practice their instruments at a high level every day.” Says Arne.

Nevertheless, it is important to provoke. So says Arne. You have to polarize – you have to risk losing friends. You have to risk being scorned. You have to risk people not liking you, said Arne.

But, I replied … do you still see arguments about content? Rather, every polarization goes hand in hand with insults to the audience, demotion of conductors, putting down the Staatskapelle, shabby behaviour by the trombonists and drummers, personal denunciation of anyone who notices this, disavowing the donors and trampling all the notes in the gravel from the Spree. To paraphrase Thomas Bernhard, this goes hand in hand with the destruction and eradication of everything that has to do with culture. If you want to gain a position in these times, you have to breed antagonists who you declare to be your punching ball. At the expense of their reputation. I call this the tabloidization of art and culture, I call it dirt and grime dealing, if you consider this the key to success, you might as well buy yourself a costume and shed crocodile tears like the persiflage of your sadness in the hope that anyone will listen to you at all.

The same applies: if you proceed by name, you are the first one out of the running. After all, you’re disavowing yourself. You must be pretty thick-skinned to put up with all this, aren’t you. Don’t talk to me about empathic waves or compassion. They’d accuse you of all sorts of impossible pathological phenomena just to make them think they’ve ruined a hip address in you. Don’t forget. The starting and basic kapital of jazz is forgetting, everything that happens there has to go away immediately. That’s what you deal with. With the disappearance of all that. Please don’t be naive.

Basically, I don’t think much of this strategy. And yet I have to realize … we’ve experienced it several times … if you court someone, approach them positively and meet them, you’re very likely to be checked out pretty quickly. I call it the body check of the unsuspecting. Look at your friends. Which one of them expects more from you than you can give them? Who of them surrounds you, even though or precisely because you haven’t met them positively, but because you have stung them, annoyed them, look around you. Who has you on their back? If you step on someone’s foot, they’ll notice. And wants to step back. They will remember. If you say hello and tell him how great he is, he’ll celebrate it for a moment, but he’ll forget it straight away and turn his attention to those who mock, ridicule or treat him rudely.

Imagine if I were to name names and disavow them. Mention by name everything that has come up as a disappointment. Imagine the scandals, transgressions, assaults, negligence, bad habits or inappropriate behavior I would report. I could turn the whole scene against me. They would want to defend themselves. Right away, too : you get the feeling that this scene should fight back : that they’re being ignored, [why are only actors allowed to shout loudly?] but they don’t, they’ve found out that you meet in the living room, in one of the living rooms there are French kitchens before the music dessert.

On the way home from the concert, one question remained unanswered. Please, what is the message of concerts? What is the meaning and content of the concerts? Apart from the musical presentation, there is no content worth pursuing, we always come back to the result. It’s 90 minutes or two 2 hours, then it’s over, it fizzles out, we’re in Eric Dolphy mode. All the sounds disappear into space – without echo. That’s not enough, I can only describe this waste in disappearance as wasteful disappearance. Not comprehensible as a theory. Because: you don’t become free through the continuous disappearance of sounds. It is more of a bridging medium, a state of the art, art for the moment, a performance. A vernissage. Transient behavior in waiting, eyeing and smiling.

How do we get a permanent act into the scene when we constantly experience permanence as the sustainability of disappearance?

It’s also strange that you still love the beats of the seventies as if they were coming through you, strange that you can put on seventies records and almost every one of these records can be felt physically throughout, we have a criterion: it has to be physical, it can make you want more, it has to be felt. It has to get to you physically. A sax without sex is like drums without boom.

Fine by me, but if you’ve heard a lot, you immediately have higher expectations and suddenly nothing works anymore because everything sticks to the expectations.

All this intellectualism about intellectual music: there is no access to the intellect, intellect comes from interlegere – is Latin and means to understand, to become inner, to recognize, but also: intellectualism as an overemphasis on the role of the mind in the cognitive process while underestimating practice and intuition. Take your pick.

Now imagine if I were to mention by name those who have forgotten that I did public relations for them. Imagine if I mentioned by name that I was missing content in their music. Imagine I was missing content anyway. Imagine if I equated their music with pornographic images.

Fresh on the table: Siegfried Unseld’s chronicle, teeming with monstrosities. The stories, the depictions. A kaleidoscope of human impossibilities, suspicions, misunderstandings, vanities, overestimations. Self-misjudgment, many wonderful formulations. Funny formulations. Applicable from literature to music.

The monstrosity that a Mr. B. utters. Literature is dead. Now we are abolishing authors.

He never claims to have made the addition – the statement is nevertheless valid, it has been witnessed. That what you don’t want to have said, you get witnessed several times. 1969, 1971: Literature is dead. Now we are abolishing authors. Now imagine if we were to say that jazz is dead. We are abolishing the musicians, an actually scandalous theatrical sentence that is a grotesque. The sentence “Jazz is dead” is no longer scandalous anyway, but funny, long since overtaken by dead jazz, which has been reporting its demise for decades and knows nothing to tell about its demise, except that it sometimes sounds good, sometimes better – I know from living jazz that it appears in all possible facets and is scattered in an incredible number of mosaic pieces.

I can see that jazz is as dead as it is alive. That was public relations with an infusion. It would be interesting if jazz were dead. We abolish the music, musicians would remain. Ha ha. We’ll abolish the musician and the music too. There is not even a scandalous statement in this sentence. Rather, there is a deep-seated irony lurking in this sentence.

Much of what we now understand as music can also be fully automated, you can feel how many people try to musically represent their identity, represent themselves, their importance within music, without wanting to overdo it now. The fact is that much of this has long been adapted by computers and can be executed. But the fact is that computer-generated music would no longer sound alive, we know that too: we are now so compressed that we don’t even notice or miss it. All in all, we even welcome it when it is generated by computers, it doesn’t oblige us to do anything, it doesn’t make us guilty of the success of the many, and it lets us run wellness farms untouched. What we imagine as human greatness, because we have great doubts about human greatness.

The same goes for musicians, which is somehow a misnomer in itself. They are now also managers, critics, canvassers and have a talent for sales. They have appointments. Obligations. Have questions about their time. They are distracted but fixated on their music, have to concentrate and don’t even have the muse or time to concentrate because all sorts of information is bombarding them.

You also have to be considerate of your work, for your input – Americans would say impact or I don’t know what – it’s all too much in the meantime. There’s so much going on and then someone wants to be heard, people should open their ears. But the ear is already strained, permanently strained. Road noise. Trucks beeping in reverse, traffic lights buzzing. Car horns, barking dogs and screeching cats. Bursting condoms and witnesses from the neighbors. Jesus helps and Donny doesn’t. The horns of the nationals like the horns of who betrayed us? Time in battle mode, so anchors are thrown in the mainstream, free jazz sounds like ambient soup and some flute sounds don’t make sense and everything in the wellness character sinks at quarter to two anyway. Sounds for the road, the possible and the impossible want to touch the soul and are called a sense of possibility. Many people’s hair stands on end and Bayer Leverkusen is not Bavaria and if the soul wants to be addressed first, it’s the same with music as with jazz, which is as dead as it is alive in the sense of: everything all over again! We are abolishing the musicians. The movie is dead. We are doing away with actors. Literature is dead. We are abolishing authors. Painting is dead. We are creating new brushes.

Artistic manufactories and the need for culture go hand in hand with home remedies that are trimmed. The price of kebabs is extortionate and will never be cheap again. A trouble-free lunch with Pat Metheny in the elevator, in the secretary’s office, and it’s already quarter to twelve, although the clock showed a quarter past twelve yesterday.

I see what is unique, I know that. That comes to the front. The statement of a cultural critic, an agent of the art scene, I see how people pour each other a drink and wait for each other. That they are discovered by each other before each other or through each other. Incidentally, the scandalization that would be necessary to be discovered has already happened for Jimi, Janis and Elvis. It also existed under Vivaldi, Mozart and Beethoven. In fact, even under Jesus and Mohammed. Always, as long as there has been so much of it. The accumulation of the same type and manner of presentation then meets what comes over everyone at some point, at the zenith of the exact opposite of what everyone expects.

Then comes the exaggeration or the execution of Jean d’Arc with a counterphrase. Then comes the opposite of what the opposite is – in the Unseld Chronicle they are now looking for Unseld’s scandals with his authors, Max, Peter, Martin, the other Peter, and whoever is not already dead gets up again, and so the success story of the publishing house that can do anything and trusts no one continues to be written – until the lawyer comes and forbids writing again – because only one person is still writing, the voice of the Lord.

Imagine it’s free jazz and nobody is listening. They always think they belong to everyone, but nobody listens. You there in your living rooms. You there with your renewed Papageno. You there with the empty cage. You there, Arne, already found a new bird?

Since it’s also about legal issues, you have to protect yourselves legally against each other in order to perhaps come up with a better idea together after all, apart from always calling for subsidies – hello, can anyone hear me? Subsidies for me too. I’m the audience and soon I won’t have any more money for all the concerts. Who subsidizes the audience, another question.

Unseld was also faced with the questions of anarchy, democracy and oligarchy. He had knowledgeable citizens around him in Habermas and Bloch, to be led, to be taken along. How often have I heard. Pick me up, what a presumption: pick me up – I didn’t understand you – after all, I had to work for it too. – Pick me up. The delivery man is waiting outside.

I have to change the TV channel first. Sorry. Too many commercials. I can’t cope any more. Who wants to eat all that? How many faces do you have to powder all that? How many bones to rhythmize, aromatize, rheumatize it all.

Sometimes I look and think I’m trapped. In a happiness cage without singing pearls. I’ve missed something. I had 40 years to build something. Then I looked back and thought, the 40 votes weren’t there, at the age of 20 I wasn’t in a position to build anything, at the age of 20 I was intimidated and knew nothing, had some books in my head, some self-portraits, had the Suhrkamp library in my head, had read Bloch, or tried to read Bloch. Never read it through. I’m not sure if anyone has even read all these books – there is that science department. It says on the editor’s side. You don’t know what a disgrace it is to edit books every day that nobody reads. There are now millions of books that nobody reads. Music that nobody listens to. Pictures that no one sees. Cars that drive without passengers. Landscapes that no one has ever set foot in.

These are actually great opportunities, they are actually open possibilities. We have the Musilian form of possibility, he calls it a sense of possibility. These are utopian ideas in which everyone gets lost in the long run, because there are always more possibilities. The imagination is put on, the imagination is set in motion, stimulated and the imagination becomes individualized and lost, so to speak.

In the meantime, everything tends towards a kind of collective compulsion. We just look at the same thing, in the same direction, to where the attractor is lurking. That’s not true either. We don’t watch the same thing, there are now more than 1000 television channels. There are now more than 500 million websites. There is now more than one search engine ha ha, there is now more than one operating system. Ha ha. There is now more than one remote control. Ha ha. There are an estimated 3500 jazz musicians in Berlin alone. I used to assume that 3500 jazz musicians were spread across Germany. No, now there’s only Berlin, you’d think they were all in Berlin. Now don’t think that any of the 3500 are interested in the 3499, no, they are interested in themselves first. Naturally.

We had a concept in mind and we realized that this concept is very complicated and very difficult to communicate. You have to get the act together first: Communicate your individuality!

When so many individualists meet, no one wants to be told by the others that they are the most important or the best or the right one. Then you have to fit in, smile, remain friendly and confident, even though it’s anything but easy.

Sometimes I feel so good – Pharoah Sanders – 1977 – simply called Pharoah – Pharoah makes music for the audience – and we’re still thinking about it – that’s also : optimizable. (Sanders was “beginning to drift into watery new age muzak.”) You could also say: the album surpasses itself in moments of redundancy in its reciting, repetitive desire to immortalize itself, it would also disappear into the universe of insignificance if it weren’t for the name Pharoah Sanders – imagine if I wrote something like this about one of the nameless of our time – he would surely not be able to get out of bed with enthusiasm. We have found two of these bedridden people: the Oblomov type and the Spitzweg type.

Let’s not forget: the basic capital of jazz is forgetting. You think that provides equal opportunities – the opposite is the case. They can remember John Coltrane, and they can’t even remember him properly. They can remember Miles Davis, and not even him properly. They remember those who died recently and not even them properly. In this respect. A lot of wind around a lot of sounds, all of which will fizzle out if I don’t deal with them here and there.