Philosophenjazz
Philosophenjazz – so what ?!
Philosophie und Jazz – bedeutet immer auch: Intros, Vorworte, Danksagungen, viele Substantive auf der sprachlichen Ebene, Schulterzucken, Suchen, Fragen, viel Austarieren und Ausprobieren auf der musikalischen Seite und: wer von den Musikerinnen sei philosophisch bewandert, wer von den Philosophinnen ist über die sprachliche Begabung hinaus auch musikalisch. Wer stellt die Fragen, wer liefert Antworten, die über das Fragen hinausweisen.
Philosophie: eine Disziplin, durch die dem Denken Vernunft und Wahrheit vermittelt werden. Musik: Alles strebe danach, dir die Essenz des Seins ins Ohr zu spülen. Hier die Perspektiven, die Einführungen, die „Musikphilosophie aus ästhetischer Vernunft“: dort die Freitonalbühne für schiefe Töne und die, so Monk, spiele falsch, das aber richtig.
Es hat regelmäßig zur Folge: Die Wirrnis um die Dinge nimmt zu, die Erklärungsversuche verfehlen ihr Ziel: aus dem Korsett ihrer Grundlagen und Geschichte auszubrechen und sich wenigstens die Frage zu erlauben, „inwieweit der Jazz ein interessanter Gegenstand für das philosophische Nachdenken ist.“ (D.M. Feige) Das hat Miles Davis schon zu beantworten versucht, auf seine Art: Na und? Oder So What – mit dem So-What-Akkord in Em11 – war aber Miles Davis ein Philosoph unter den Jazzern – eher nicht, da gibt es andere Namen: Eric Dolphy, Django Bates, Thomas Stanko, Enrico Rava – ja: John Coltrane.
„Was ist Gerechtigkeit?“ fragt Sokrates.
„Was ist Jazz?“ Frage ans Internet: ironischerweise ist die Website Philosophyofjazz nicht erreichbar.
Die großen Philosophen (zumindest die der Antike) lebten und starben ohne je zu swingen (soweit wir wissen). Sokrates, Plato, Aristoteles und Augustinus mögen über Musik geschrieben haben – in welchem Takt? Wir haben ein Jahrhundert des Jazz hinter uns: Was hat sich an den Fragen geändert?
Die Tragfähigkeit der Fragen vielleicht, kaum vorstellbar. Es ist von Immanenz die Rede, von Körper-Politik (?), es ließe sich wie bei Gunnar Hindrichs, (Musikphilosophie aus ästhetischer Vernunft in Perspektiven der Musikphilosophie) vortrefflich über „die Dummheit in der Musik“ nach Hanns Eisler fabulieren. Um sich lösen zu wollen vom Begriff der Immanenz aus Tonbestand und Tonverhältnis in ihrem (kapitalistischen) Verwertbarkeitsmodus und ihrer Beschränktheit auf Akkumulation ihrer selbst.
Die Beschränktheit auf ihren Tonbestand sei eben ungültig, vielmehr umfasse die Musik und hoffentlich auch ihre philosophische Betrachtung oder Auseinandersetzung „Praktiken, Situationen, Körperpolitik (?), Aktivismen, Ein-Instrument-Bauen, Wirklichkeiten und Akademismen gleichermaßen.“ (Hindrichs)
Die Musik scheint also klug geworden zu sein. Erklär das denen, die sich nicht umsonst ein Instrument ausgesucht haben, um sich Ausdruck zu verschaffen. Da wären noch einige Sätze mehr zu vermuten, die dann gern naserümpfend als etwas grob bezeichnet werden. Und schon sehen Sie, Sie sehen nichts: Es verzettelt sich, in Komplexität, Divergenz und Vielstimmigkeit, das ist ebenso immanent!
Nicht umsonst, mag man vermuten, stehen Philosophie und Jazz + Neue Musik außerhalb der allgemeingültigen Diskurse und Anliegen und lassen sich kaum kompatibel denken mit Wertschöpfung, Kapitalismus oder Erfüllungsbestimmtheit erwarteter Wahrnehmung. Es ist dies ein Katz und Mausspiel zwischen Wahrheit und Empfindung, zwischen Erkenntnis und Ohnmacht, zwischen Melancholie und Hoffnung.
Dem Jazz auf die Schliche zu kommen, braucht es keine Reminiszenz an die Dummheit, es braucht keine Lektion über die Vernunft, es braucht keine Theorie des Nachvollzugs, es braucht nicht mal ein Denken, kein mathematisches oder algebraisches Wissen, „Das musikalische Hören urteilt über die Musik“, sagt Hindrichs – allerdings im Kontext einer Form des Denkens über die Musik. Auch das bleibt eine These. Die Synthese dessen bleibt dem Gehör, dem Feeling, dem Sound und dem Gespür vorbehalten. Im Vorlesungssaal, im Klassenzimmer knarzen die Bänke, im Hotelzimmer New Yorks liegt John Coltrane auf seiner Pritsche und lässt die Saxophonventile klappern, während er sich selbst in den Schlaf spielt.
Man trifft sich in Clubs oder unterm Kopfhörer, unterm Soundsystem. Das kann man dumm nennen im Sinn einer Erwartung an intellektuellen Input, das kann man aber auch überheblich und arrogant zurückgeben als die Essenz der Dinge – es gibt keine Ontologie des Verstehens. Erst wenn ich Systeme erfinde, nach denen sich Regeln ergeben, entsteht Ontologisches, jede Jazztrompete dagegen wird dir das mathematisch Logistische ins mathematisch Wahrscheinliche oder Unwahrscheinliche quertreiben, wir hören zu und sind bewegt oder beschwingt oder empört, sind therapiert, verliebt oder schockiert.
Das aber würde schlussendlich den sozialen oder gesellschaftlichen Kontext leugnen und so tun, als sei Musik ein Teilstaat der Autonomie, eingedenk der Tatsache, dass nicht wenige Kunstgattungen jeweils Teilstaaten der Autonomie darstellen, Adorno aber auch: Die Künstlerische Arbeit und die Produkte dieser Arbeit sprechen zu uns kraft der Mitteilung alles Besonderen in ihnen. Damit wäre im Kontext der Philosophie insofern alles gesagt, als man nicht auch noch versuchen würde das Besondere in ein arithmetisches Korsett zu zwingen.
Coltrane dagegen: „A Love Supreme“ Auch die, die uns mit der Liebe kommen, der Gerechtigkeit, der Weisheit. Was glaubst du? Musst du die Kunst der Fuge beherrschen, um philosophieren zu können? Musst du Adorno gelesen haben, um Eric Dolphy zu verstehen. Ich würde vermuten, dass Eric Dolphy kaum Zeit hatte, sich mit Adorno zu beschäftigen. Insofern: Jedem die eigene Autonomie.
Pat Metheny zum Beispiel spricht gern von Liebe auf den ersten Blick, meint damit die Musik, nicht etwa seine Sagenumwobene, die Liebe (zur Musik) war so groß, er begann das Einsammeln der Phrasen, Tonleitern, Arpeggien, vom Chromatischen zum Rhythmischen, vom Verspielten zu den Kadenzen aus dem Pool der immer gleichen Noten. Und führte sie auf seine Weise zusammen … brauchst du dafür einen Kopf zum Denken oder doch mehr die Liebe zu allem? A Love Supreme – heißt übersetzt: ein Liebes Höchstes. (John Coltrane)
Es kam der Philosoph, um diese Musik, eine Kunstform, zu genießen? Adorno hat sich beschwert über aufpeitschende und grelle Asphaltharmonien – so what?
Ja, so manche Jazzmenschen sind philosophisch: John Coltrane vor allen. So mancher Philosophenmensch ist Jazzmensch, so manch einer eben nicht, Adorno vor allen. Er würde sich wahrscheinlich heute wundern, wie viele seiner Asphaltharmonien sich in Klangharmonien von ECM verwandelt haben. Trotzdem gibt es Unterschiede. Wie die Philosophie ruft uns der Jazz dazu auf, sorgfältig auf sich selbst zu achten.
Genauso wie du Philosophen nie eilig lesen solltest, solltest du nicht lässig Jazz hören – heißt es. Deswegen so viele weghören? So wenige lesen? Dahinter verbirgt sich eine innere Sicht aufs Außen. Du brauchst Aufenthaltsqualität. Einen Ort, der dir gefällt. Wo du abtauchen willst, in eine Stimmung eintauchen … Ist das so?
– besonders A Love Supreme. Ist ein Liebes Höchster nun ein Höchster über oder in der Liebe?
Willst du noch etwas von Aristoteles hören? Der behauptet nämlich „die Philosophie beginnt im Staunen.“ Er staunte über die Beziehung des Geistes und des Körpers, über die Beziehung Gottes zur Welt, über das Verhältnis von Einheit und Unterschied (über die Paradoxien).
Und noch einmal Eric Dolphy. Er behauptete, dass Musik sich von dir löst, in den Weltraum fliegt und einfach nicht mehr ist. Dagegen haben wir zu setzen: einen unterschiedlichen Ansatz von Realismus und Utopie – bei Adorno verschwindet das Nicht-Verstehbare in der Metaphysik, ins Besondere, bei Marcuse dagegen in der Utopie, das Jetzige und Hier doch noch zu ändern – bei dem einen (Adorno) ist es eine Flucht vor der größtmöglichen Freiheit ins Übersinnliche, bei Marcuse die Übung des Menschen, den Gang in die Unfreiheit durch Schuften im Sinn des kapitalen Schuftens zu überwinden.
Es zieht dich an, das Jetzt – das Hier, es stößt dich ab, das gleiche Jetzt und Hier. Du musst das üben, deinen Gang aus dem Gefängnis deiner Individuation hin zum Menschen mit seiner Sozialisation. Jetzt und hier sein mit anderen und dich dabei nicht in den Kadenzen, Läufen, Tonleitern und Redundanzen vergessen, verfangen oder verlieren. Das Individualistische kommt aus dem Versprechen, sich in der Fülle der Dinge und Produkte und Projekte etwas Eigenes auszusuchen, das Gemeinsame wäre die menschlich notwendige Antwort auf den Zwang, immer das Besondere zu wollen. Das Team als Erfüllungsgehilfe für die Soli oder als Aufstieg aus dem Orchestergraben. Die Big Band als Antwort.
Daniel Martin Feige Philosophie des Jazz
Zwei Disziplinen, zwei Herangehensweisen. Hier die Musik, dort die Sprache. Das Buch wende sich an Akademiker – wer aber will Jazz für den Elfenbeinturm, oder setzt Jazz den Elfenbeinturm inzwischen voraus? Wir wissen nicht erst seit Wittgenstein: Klavier spielen ist, wenn man ans Klavierspielen denkt. Oder ist Klavierspiel nur Antizipation und setzt man sich dem aus, beginnt die Konkretion, die Arbeit, die Mühe, der Fleiß. Ich habe eine Philosophie über den Jazz erwartet und erhalte ein Solo zum Jazz?
Wenn Philosophie wie Jazz am Rand der Gesellschaft verortet sind, gäbe es auch, denkt man, Raum für das Besondere im Stil einer Avantgarde, die etwas versucht und ausprobiert und experimentiert, um die Wahrnehmungsbrücke zu schlagen ins noch nicht Dagewesene oder ins erweiterte Denken oder ins Kontemplative, in dem niemand mehr Regeln befolgt, ein Denken für die Freiheit nicht gegen sie?
Wenn schon am Rand der Ränder verortet – dann gleich auch ihr Ende beschwören? Das Dystopische, wissen wir nicht erst seit Goethe, war der dunkle Stachel in mir und das mephistophelische am Faust bin ich selbst und nur der Mond schaut zu. Es erwartet dich, oh Trübnis, oh Wahrsagen, das Ende, so oder so, der Sargnagel. Wenn jetzt auch der Optimismus nur ein Trugschluss war einer verqueren Hoffnung, was will der Philosoph den Jazz ausheben, erheben oder gar zu neuem Leben erwecken – wir hatten in Adorno einen echten Freund des Jazz, seine Freundschaft speiste sich aus einem Hochkulturdenken, in dem der Jazz nicht vorkam.
A Love Supreme – Liebe braucht den Streit.
Die Interviews mit Daniel Martin Feige sind nachvollziehbar, zum Anschmecken – im Jazz gibt es zu viele Geschmacksrichtungen, als man ihn tatsächlich als Oberbegriff noch zulassen dürfte, dieses Buch, vorweg, würde ich auf die Menükarte setzen: schmeckt nach Seelachs geräuchert oder Seelachs zerkocht, wenig Salz und Pfeffer und reichlich durchgegart, aber auch verloren und vergessen. Jazz auf Condor sozusagen ohne Geschmacksverstärker. Der Satz Seite 10 : „Dieser Umstand entspringt keiner Unkonzentriertheit der Darstellung. Vielmehr ist er einem Merkmal philosophischen Nachdenkens überhaupt geschuldet“ … lässt sich umkehren: das ist sehr viel Beipackzettelliteratur, allein die Medikation zeigt kaum Wirkung.
Es werden der Musik implizite Verfahrensweisen beim Jazz explizit zum Ausdruck gebracht. Es ist die Frage Was ist eine Philosophie des Jazz bereits eine philosophische Frage. Im Interview mit Philipp Holstein: „Jazz lehrt, dass Kunstwerke gegenwarts- und augenblicksbezogen sind. Sie können lebendig sein, sie können aber auch absterben. Und man erkennt im Jazz deutlicher als anderswo, was es heißt, dass Kunstwerke lebendig sind.“
Außerdem heißt es: „Besonders deutlich tritt im Jazz die offene Verfasstheit von Kunst hervor. Der Sinn eines Elements der Improvisation ist nichts, was ein für allemal feststeht. Sein Sinn wird erst im Licht späterer improvisatorischer Elemente deutlich. Ob ich nach einer ersten melodischen Phrase eine zweite so oder so spiele, macht einen Unterschied.
Sie verändert den Sinn der ersten Phrase, und sie verändert den Sinn alles Folgenden. Natürlich beruht das Improvisieren auf Übung, aber doch eher im Sinn des Eingeübtseins auf das Unvorhergesehene. Es wird ja keine Blaupause abgerufen. (…) Deshalb geht es in jedem Moment um alles.“
Er spricht von Zeitlichkeit. Vom Moment im Jetzt und Hier. Im Buch nennt sich das „retroaktive Zeitlichkeit„.
Heißt: Improvisation verändert sich und den, der sie hört … Wenn ich höre, wie etwas so oder anders gespielt oder gemeint sein könnte, es aber auf andere Art gespielt wird, kann das, was man hört, nicht das sein, was gespielt wurde – nicht weil es paradox ist, sondern weil es sich verändert hat – vom Gespielten zum Gehörten – so gesehen gibt es keine Gleichzeitigkeit zwischen Spiel und Rezeption, es sei denn es bildet sich eine „Zeitgenossenschaft“.
Könnte sein: ein Etwas, das einem bewusst wird. Wie Sie lesen, lesen Sie à la carte. Feinschmeckerpräzision. Allein das Versprechen, es handele sich hier um eine Philosophie des Jazz ist dann doch eher ein Versprechen auf Weihnachten und Kerzenlicht im Hochsommer. Deutlich gesagt: Das ist keine Philsophie des Jazz sondern eine Abhandlung über Zeit im Wandel der Ästhetik. Alles andere kann und muss man sich selbst dazu denken. Dass das geht, verraten einige Rezensionen von hier nach dort …
Philosophenjazz * Am Anfang war das Wort. Explizit-Implizit.
Ist das Interview nun Trailer oder Essenz zum Buch? Warum ist das Buch nicht auch so klar in Worten und Sätzen. Das Buch gelesen und gedacht: Ich bräuchte ein Gespräch mit dem Autor, bevor ich ihn missverstehe und unfairerweise mein Nichtverstehen mit seinem Verstehen verwechsele. Oder, wie auch gesehen: ich der Frage ausgesetzt werde: Haben Sie vielleicht ein anderes Buch gelesen?
Die Kluft zwischen Geschriebenem und Gelesenem sich quasi werkimmanent zum Gespielten aber anders Gehörtem verhält. Man weiß eben „im Voraus nicht, was richtig oder falsch ist. Das ist augenfällig im Jazz.“ Das Wort Philosophie ist eben schwer auf Muse oder Künstlichkeit oder Musikalität umzuschreiben, es bleibt ein schwermütiger Dampfer, ein tieftauchender Wal, der Text oben drauf wirkt dagegen wie der Versuch einer Kapelle, Tanzmusiklaune zu verbreiten, ich will nachsichtig sein, es gelingt mir nicht. Könnte vielmehr in der Welt der Inhalte ihre Löcher aufsuchen und Übergriffiges formulieren.
Es ist der Albert Ayler eben ein anderer als der Joshua Redman … der eine steht für eine Haltung im Freejazz, der andere für eine Spielwiese im Freejazz, Wir haben viele Versuche der Kontemplation und philosophischen Annäherung, und haben auch viele Geschichtsbücher zum Jazz, Versuche über Emotionen und Hoffnungen … Interview mit Richard Marshall.
„Was im Jazz explizit ist, ist in der Tradition europäischer Kunstmusik implizit (…) Jazz macht nicht nur etwas explizit, was in der Tradition europäischer Kunstmusik implizit bleibt, sondern Jazz macht vielmehr etwas explizit, was für Kunst als solche wesentlich ist. (…) Im Jazz kommt ein Moment musikalischer Praxis explizit zum Ausdruck, das für die Tradition europäischer Kunstmusik in implizierter Weise ebenfalls bestimmend ist.“
Jazz macht also sichtbar, was in der traditionellen Musik schon vorhanden war – Die Partitur birgt in der Notation nicht sofort sichtbar, aber interpretierbar Raum und Phantasie zur Improvisation – insofern wäre Jazz konsequenterweise eine Fortführung der „klassischen“ Kunstmusik mit anderen Mitteln. Das Werk – Die Improvisation, die Standards – die Interpretation. Beispiele: Beethovens Pathetique und Bachs Kunst der Fuge. Im Jazz darf man sich auch mal verspielen (Herbie Hancock), ohne dass das Publikum es als Fehltritt verspürt.
Das Buch ist etwas sperrig geschrieben, trotzdem lesbar, es bleibt die Frage, was habe ich nun gelesen. Eine ergebnisoffene Partitur. Ein Buch mit den Mitteln des Jazz improvisiert? Es wirkt locker geschrieben, wenn es um die Musik geht, es wirkt bemüht, wenn es um die Rechtfertigung der von ihm angewendeten Begriffe der Philosophie geht.
Man spürt ihn frei erzählen über Dominanten, Septimen, Subdominanten, Rhythmen, In-Out-Interpretationen. Wenn es darum geht, die philosophischen Begriffe zu klären, scheint die Messlatte eine andere zu sein.
Eine Philosophie des Jazz. Die es in der Form noch nicht gibt im Deutschsprachigen. (Heißt es – warum übersetzt man nicht erst die der anderen? Gelesen habe ich auch, dass ein Herr Wilson sich durchaus bemühte, so etwas zu unternehmen hier und hier)
Selbst Dietrich Diederichsen und Adorno waren im Thema aktiv. Und wo es sie gibt, wurde trotzdem und gleich auch am Jazz vorbeigehört. Bedenkt man, was Adorno hörte oder eben nicht hörte – den Bebop seiner Zeit zum Beispiel hat er nicht wahrgenommen – so ist Adornos Urteil sogar nachvollziehbar.
Big-Band-Jazz war im Vergleich zu klassischem Orchester eigenwillig, laut und roh. Kompositionen eines Beethoven klingen nach Werkimmanenz, nach Dramaturgie, Kompositionen eines Duke Ellington nach Lust und Laune und frech und obszön.
Nun hat im Frühling Dietrich Diederichsen ein ebenfalls schwer lesbares Buch auf den Markt geworfen – darin er sich über den Jazz hermacht: man lese die Seiten 181 bis 259, und verstehe: „siehst du, genau das meine ich, alles verwandelt sich in einen Witz, in einen gespielten Witz. Zufall und Unordnung, sie lassen niemals nach in ihrem Zersetzungswerk … “
(was wiederum Zitat William Gaddis ist, dem letzten noch lebenden Literaturavantgardisten (möchte man meinen – man hört so wenig von den Avantgardisten, immer erst, wenn sie von uns gegangen sind, es fehlt noch eine Abhandlung vom Schweigen der Zeit … wir folgen Diederichsen auf seiner Reise vor der Angst, spießig zu sein, denn selbst nuanciertes Betrachten sei schon verdächtig … bei Diederichsen legt der Jazz auch „keinen besonderen Wert auf eine Ordnung der Töne, ein Sortieren und Anordnen der Klänge“ … aha – Jazz gleichbedeutend mit Chaos – da sind auch „die Kompositionen nicht von großer Bedeutung – es sind oft Standards, Märsche, Fremdes, anderer Leute Besitz (…) aber der Jazzmusiker hält den Ton fest, den einzelnen Ton.“
(Wenn jemand Jazz nicht mag, macht er so seine Witze … – sein Buch ist sein Buch und handelt zufällig auch über Pop-Musik – Jazz ist reine Improvisationslust unterhalb oder jenseits der Pop-Musik – oder oberhalb oder sonst wo – ein Witz eben, der sich improvisierend vom Kollektiv des Themas befreit – soweit D-D, Stand 2014 – nicht unterschlagen will ich, dass es Diederichsen himself war, der als einer der wenigen zum Jazzfest 2021 Berlin fast hymnisch wurde in der TAZ schmissig elegantes Zeug, man reibt sich vor Freude die Augen)
Dagegen oder davor nun D-M-F: Stilelemente des Jazz – das sind nicht nur davonstürmende Improvisationen, es ist auch die Vergegenwärtigung von Zeit. Also genau umgekehrt. Musik will und kann zwar befreien, das Individuum heroisieren, aber nicht in erster Linie. Jazz kann zwar Bühne für Exoten und Exaltierte und Propheten sein – die mit Flöte oder Saxophon – und die das Gehirn überfordern aber fördern (frei unterhalb des D-D) – das ist aber nicht Thema:
Thema ist der Jazz als Kunstform, als Zusammenspiel, als harmonisches Gerüst – es wird nicht genudelt und gedudelt des Nudelns und Dudelns wegen – sondern: Möglichkeitsformen werden neu abgesteckt. Ein Standard wird genutzt, sich auf gemeinsamen Musik-Nenner (Kunst) körperlich und inhaltlich zu erfinden – oder sich bewusst zu werden, dass man im Sinn gemeinsamer Stunden etwas mitteilen will: Töne, Sound.
Allerdings bleibt bei aller Liebe, die der Autor für diese Musik verspürt, eine Frage: War es das nun mit dem Jazz? Ist er vollumfänglich beschrieben, ist er endlich nun auch eine Kategorie der Musik, wie die Klassik mit ihren Ausprägungen von der Romantik bis zur Zwölftonmusik, angekommen auf der Insel der Autonomie, oder doch in der Schublade?
Jetzt wo versuchsweise darüber philosophiert wird? Die Verkaufszahlen legen es nahe. Kaum mehr ein Fachhandel, der eine gute Jazzabteilung hat. Immer mehr Streaming-Dienste, die die Verdienstmöglichkeiten der Jazzmusiker kapern. Bald wird sich niemand die Mühe mehr machen, ein Instrument beherrschen zu wollen, weil es nicht lohnt? Musik machen und schaffen ist eine Sache, eine andere ist die: kann das nicht auch der Computer?
Solche Fragen stellt das Buch nicht. Es umreißt sie nicht mal. Insofern, wenn Wünschen erlaubt wäre: Machen Sie das Thema brisanter. Machen Sie es nicht kompliziert – oder sprachlich sperrig, immerhin: er will den Jazz nicht kategorisieren oder in Kisten und Schubladen stecken (wie das D-D tut), trotzdem sehe ich D. M. Feige, wenn auch ungewollt, dem Jazz einen Deckel verpassen, wenn er auf dem Komplexen beharrt, das Mehrdeutige zu ernst nimmt und die Chose wieder dem Postmodernen-Diskurs überlässt
Möglicherweise steht und fällt der Jazz tatsächlich mit der Postmodernen-Debatte – und solange wir keine neue Epoche haben, geht’s eben mit Feyerabend weiter so anything goes (mach was du willst) … (steht auch nicht im Buch – Fußnote …)
Wir wissen: Die Festivals sind gut besucht. Es gibt Boxen/Kategorien wie Bebop, FreeJazz, Hard-Bop, Fusion und und. Wer nimmt das Wort Jazzrock noch in den Mund? Aber: Wenn wir dem Komplexen Komplexes, nämlich Sprache und Begriffe aufsetzen, wünscht sich der Rezipient einen Bildschirmschoner mit aufploppenden und wegtauchenden Beatnicks oder Tomaten und andere Früchte, oder einen Spruch nur: Simplify your life – nicht zu verwechseln mit spotifiziere /verspotte nur weiter den Anspruch an allem – oder wie es salopp heißt: bring es um die Ecke. Damit ist nun aber kein Jazz als Requiem gemeint. Bist du sicher? (Lennie Tristano)
Was aber ist nun das Philosophische an dem Werk? Hat es Relevanz? – Die Frage kann ich nicht beantworten. habe trotzdem einen Verdacht. Es ist dies kein philosophischer Wegweiser, es will etwas anderes: ein Impulsgeber sein und zum philosophischen Betrachten anregen – von Jazz. Das hätte man aber mit einer flüssigen Erzählform besser hinbekommen …
Philosophieren muss ja nicht bedeuten, Einfaches kompliziert machen oder jeder Differenz ein Sub-Thema zuordnen, wenn die Philosophie innerhalb so einer Lesart aber kompliziert wird, entspricht sie damit auch dem Nichtmehreinfachen des Jazz? Wenn es keine Abstraktion gibt und auch keine Richtung, nur noch individuelle Freiheiten und selbstbezügliche oder spiritualisierte Weltabgewandtheit (Standpunkt D-D).
Philosophie und Jazz (ob Be-Bop, Free oder Fusion), auch das ist werkimmanent= doch nur, wenn man keine Zuhörer braucht und kein Lesepublikum. Eine Musik, eine Philosophie, die sich selbst meint, ein dreißig Minuten Solo und die treuesten Fans haben ein anderes Bedürfnis: die Mondscheinsonate (im Kontext des Buches: die Pathetique) von Beethoven, vorwärtsgespielt und nach den Vorgaben des Komponisten.
Insofern ein Hoffnungsschimmer. Der Mensch braucht: Musik, egal ob aus der Thermokanne oder aus der Tuba. Egal ob von Karajan dirigiert oder von Adorno missdeutet. Egal ob mit Stangen auf Stahl oder mit Fingern auf Rindfell. Ein Livekonzert – wissen alle: macht mehr Spaß als jede Rezension darüber. Ein Instrument beherrschen, es spielen, allemal mehr Spaß als es auseinanderzuschrauben oder darüber Essays zu verfassen.
Die Idee ist reizvoll: Ein Philosoph hat den Mut, Worte zu finden für das, was Jazz ist. Denn regelmäßig ist Jazz ohne Worte. Und macht häufig sprachlos. Mit Saxophon Klavier, Bass und Schlagzeug. Zur ekstatischen Begeisterung für dieses Buch fehlt mir ein gutes Stück, ein schöner Song. Mit einem Schuss Improvisation und einem Schuss Komposition. (Oder Salz und Pfeffer + Zitrone)
Ein Arrangement zwischen den Zeilen. Wo der Jazz nämlich bleibt, muss sich immer wieder aufs neue beweisen. (Auch die Konkurrenz unter Jazzmusikern ist bisweilen massig!) Auf Festivals feiert er trotzdem Wiederbelebung. In den Verkaufszahlen einen regelrechten Untergang. Da tut es Not, das Wort zu ergreifen. Auch philosophisch.
Zentrale Frage: Ob sich das Lesen lohnt? Zumindest schaue und höre ich mit einem anderen Ohr, dem Ohr eines Hirns. (Seins oder meins? – funkt D-D dazwischen) – muss das sein? Jazz durch Philosophie über Jazz den Intellektuellen zuschieben? Das ist ein typisches In-Between-Sein, dieses Buch macht den Kopf auf, aber nur einen Spalt breit, was wirklich drin steht, kann man vermuten: bei einem ordentlichen Schluck in einem ordentlich Club – und wird sich wundern: von den Gästen vor der Tür hat sich niemand um dieses Buch geschert. Im Gegenteil, es droht die Falle zuzuschnappen: Jazz sei doch etwas für Intellektuelle. Alter Hut.
So gesehen. Das Buch übernimmt eine Außenseiterposition. Es rumpelt sprachlich und hat keinen schönen Rhythmus, keinen Up- oder Down-Beat – kaum Move – es liest sich wie ein Versuch, philosophische Begriffe zu verwenden für etwas, das sich der Philosophie verweigert (Wunschdenken?). Dass Philosophie das Denken über ALLES und JEDEN beinhaltet, reicht eben nicht, das Thema inhaltlich zu heben. Es bleibt ein Ansatz, eine Idee. Es in der Form zu versuchen – worüber es zu reden und nachzudenken lohnt.
Es bleibt formal an seinem Anspruch stehen, es entsteht ein weiterer Verdacht: es will sich gar nicht mit dem Jazz befassen oder sich mit ihm anlegen, in seinem Korsett, es möchte ein philosophisches Buch sein unter Philosophenbüchern, das Buch will es mit Philosophen aufnehmen, gut denkbar, dass die das alles noch viel philosophischer sehen, nämlich vom Nichts des Seins herkommend, und dem Adorno einmal mehr die Hand reichen und sagen, es war das nun alles wider Nichts. Lasst uns eine Pinte aufsuchen. Vielleicht spielt dort Jazz.
Dieser Artikel ist acht Jahre alt und wurde nie veröffentlicht, da die Veröffentlichung eines Textes über Philosophie einem Nichtphilosophen gleich angemerkt werden kann und der Scharlanterie gleichkommt (dachte ich). Nach acht Jahren aber habe ich das Buch noch einmal zu lesen versucht, und muss feststellen, es ist von Anfang an nicht für Jazzliebhaber wie mich geschrieben, sondern für philosophische Fakultäten mit ihren eigenen Sprachregelungen und Durchwegungen. Insofern. Let’s go.
Verlag: Suhrkamp Verlag; (19. Mai 2014)
Daniel Martin Feige: *1976, Institut für Philosophie FU Berlin
Daniel Martin Feige Philosophie des Jazz
Referenzen: Jazzcity | nmz neue musikzeitung | NZZ Die retroaktive Logik | für Eilige allaboutjazz
Philosophenjazz – so what ?!
Philosophenjazz * Philosophenjazz * Philosophenjazz * Philosophenjazz * Philosophenjazz * Philosophenjazz * Philosophenjazz * Philosophenjazz * Philosophenjazz * Philosophenjazz * Philosophenjazz * Philosophenjazz
English Version
Philosophenjazz – so what ?!
Philosophy and jazz – always also means: intros, prefaces, acknowledgements, many nouns on the linguistic level, shoulder shrugging, searching, questioning, a lot of balancing and trying out on the musical side and: who of the musicians is philosophically versed, who of the philosophers is also musical beyond his linguistic talent. Who asks the questions, who provides answers that point beyond the questions.
Philosophy: a discipline through which reason and truth are imparted to thought. Music: everything strives to wash the essence of being into your ears. Here the perspectives, the introductions, the „music philosophy from aesthetic reason“: there the free-tonal stage for crooked tones and that, according to Monk, play wrong, but that correctly.
It regularly results in: the confusion around things increases, the attempts of explanation miss their goal: to break out of the corset of their foundations and history and to at least allow oneself the question „to what extent jazz is an interesting object for philosophical reflection.“ (D.M. Feige) Miles Davis has already tried to answer that, in his own way: So What? – with the So-What chord in Em11 – but was Miles Davis a philosopher among jazz players – rather not, there are other names: Eric Dolphy, Django Bates, Thomas Stanko, Enrico Rava – yes: John Coltrane.
„What is justice?“ asks Socrates.
„What is jazz?“ Question to the Internet: ironically, the Philosophyofjazz website is down.
The great philosophers (at least those of antiquity) lived and died without ever swinging (as far as we know). Socrates, Plato, Aristotle and Augustine may have written about music – to what beat? We have a century of jazz behind us: what has changed about the questions?
The carrying capacity of the questions, perhaps, hardly imaginable. There is talk of immanence, of body-politics (?), it would be possible, as with Gunnar Hindrichs, (Musikphilosophie aus ästhetischer Vernunft in Perspektiven der Musikphilosophie) to fabulate excellently about „the stupidity in music“ after Hanns Eisler. In order to want to detach from the concept of immanence from tone stock and tone relation in its (capitalist) mode of usability and its limitation to accumulation of itself.
The limitation to its sound stock is just invalid, rather music and hopefully also its philosophical consideration or argument encompasses „practices, situations, body politics (?), activisms, one-instrument-building, realities and academisms alike.“ (Hindrichs)
So music seems to have gotten smart. Explain that to those who didn’t choose an instrument to express themselves for nothing. There would be some more sentences to assume, which are then gladly nasalizingly called somewhat coarse. And already you see, you see nothing: It gets bogged down, in complexity, divergence and polyphony, that is just as immanent!
Not for nothing, one may assume, philosophy and jazz + new music stand outside of the generally valid discourses and concerns and can hardly be thought compatibly with value creation, capitalism or fulfillment determination of expected perception. This is a cat and mouse game between truth and sensation, between knowledge and powerlessness, between melancholy and hope.
Getting to the bottom of jazz does not require a reminiscence of stupidity, it does not require a lesson on reason, it does not require a theory of comprehension, it does not even require thinking, mathematical or algebraic knowledge, „Musical listening judges music,“ says Hindrichs – but in the context of a form of thinking about music. That, too, remains a thesis. The synthesis of this is left to the ear, the feeling, the sound and the sense. In the lecture hall, in the classroom the benches creak, in the hotel room of New York Coltrane lies on his cot and lets the saxophone valves rattle while he plays himself to sleep.
People meet in clubs or under headphones, under a sound system. This can be called stupid in the sense of an expectation of intellectual input, but it can also be arrogantly returned as the essence of things – there is no ontology of understanding. Only when I invent systems according to which rules arise, ontology arises, every jazz trumpet on the other hand will cross you the mathematically logistic into the mathematically probable or improbable, we listen and are moved or elated or outraged, are therapized, in love or shocked.
But this would ultimately deny the social or societal context and pretend that music is a partial state of autonomy, mindful of the fact that quite a few genres of art each represent partial states of autonomy, but Adorno also: Artistic work and the products of this work speak to us by virtue of the communication of everything particular in them. With this, everything would be said in the context of philosophy insofar as one would not also try to force the particular into an arithmetical corset.
Coltrane on the other hand: „A Love Supreme“ Also those who come to us with love, justice, wisdom. What do you think? Do you have to master the art of fugue to be able to philosophize? Do you have to have read Adorno to understand Eric Dolphy. I would guess that Eric Dolphy hardly had time to deal with Adorno. In this respect: to each his own autonomy.
Pat Metheny, for example, likes to talk about love at first sight, meaning the music, not his legendary, the love (for music) was so great, he started collecting the phrases, scales, arpeggios, from the chromatic to the rhythmic, from the playful to the cadences from the pool of notes that were always the same. And brought them together in his own way … do you need a head to think for that or more the love for everything? A Love Supreme – means translated: a love supreme. (John Coltrane)
It came the philosopher to enjoy this music, an art form? Adorno complained about upbeat and garish asphalt harmonies – so what?
Yes, some jazz people are philosophical: John Coltrane above all. Some philosophical people are jazz people, some are not, Adorno above all. He would probably be surprised today how many of his asphalt harmonies have turned into ECM sound harmonies. Nevertheless, there are differences. Like philosophy, jazz calls us to pay careful attention to ourselves.
Just as you should never read philosophers in a hurry, you should not listen to jazz casually – they say. Is that why so many listen away? So few read? Behind this lies an inner view of the outside. You need quality of stay. A place you like. Where you want to immerse yourself, immerse yourself in a mood … Is that so?
- especially A Love Supreme. Is a love supreme now a supreme above or in love?
Do you want to hear something else from Aristotle? For he claims „philosophy begins in wonder.“ He marveled at the relation of mind and body, at the relation of God to the world, at the relation of unity and difference (at paradoxes).
And once again, Eric Dolphy. He claimed that music detaches from you, flies into space, and simply is no more. Against this we have to set: a different approach of realism and utopia – with Adorno the non-understandable disappears in metaphysics, into the particular, with Marcuse, on the other hand, in utopia, to change the now and here after all – with the one (Adorno) it is an escape from the greatest possible freedom into the supersensible, with Marcuse the exercise of man to overcome the walk into unfreedom by drudging in the sense of capital drudging.
It attracts you, the now – the here, it repels you, the same now and here. You have to practice this, your walk out of the prison of your individuation to the human being with its socialization. Being now and here with others and not forgetting, getting caught or lost in the cadences, runs, scales and redundancies. The individualistic comes from the promise to choose something of one’s own in the abundance of things and products and projects, the common would be the humanly necessary answer to the compulsion to always want the special. The team as a vicarious agent for the solos or as an ascent from the orchestra pit. The big band as the answer.
Daniel Martin Feige Philosophy of Jazz
Two disciplines, two approaches. Here the music, there the language. The book is addressed to academics – but who wants jazz for the ivory tower, or does jazz meanwhile presuppose the ivory tower? We know not only since Wittgenstein: To play the piano is to think of playing the piano. Or is playing the piano only anticipation, and if one exposes oneself to it, the concretion, the work, the effort, the diligence begins. I expected a philosophy on jazz and I get a solo on jazz?
If philosophy as well as jazz are located at the margins of society, would there also be, one thinks, room for the particular in the style of an avant-garde, which tries and tries out and experiments something, in order to build the bridge of perception into the not yet existent or into the extended thinking or into the contemplative, in which nobody follows rules anymore, a thinking for freedom not against it?
If already located at the edge of the margins – then also conjure up their end? The dystopian, we know not only since Goethe, was the dark thorn in me and the mephistophelian at the Faust I am myself and only the moon watches. It awaits you, oh gloom, oh divination, the end, one way or the other, the nail in the coffin. If now also the optimism was only a fallacy of a twisted hope, what does the philosopher want to excavate, raise or even revive jazz – we had in Adorno a real friend of jazz, his friendship fed on a high culture thinking in which jazz did not appear.
A Love Supreme – Love Needs Controversy.
The interviews with Daniel Martin Feige are comprehensible, to taste – in jazz there are too many flavors to actually allow it as a generic term anymore, this book, in advance, I would put on the menu: tastes like pollock smoked or pollock overcooked, little salt and pepper and plenty cooked through, but also lost and forgotten. Jazz on Condor, so to speak, without flavor enhancers. The sentence page 10 : „This circumstance does not arise from any lack of concentration in the presentation. Rather, it is due to a characteristic of philosophical reflection in general“ … can be reversed: this is very much package insert literature, the medication alone hardly shows any effect.
Procedures implicit in the music are explicitly expressed in jazz. It is the question What is a philosophy of jazz already a philosophical question. In an interview with Philipp Holstein: „Jazz teaches that works of art are present and momentary. They can be alive, but they can also die. And one recognizes more clearly in jazz than anywhere else what it means for works of art to be alive.“
It also says, „The open constitution of art emerges particularly clearly in jazz. The meaning of an element of improvisation is not something that is fixed once and for all. Its meaning becomes clear only in the light of later improvisational elements. Whether I play a second melodic phrase this way or that after a first one makes a difference.
It changes the meaning of the first phrase, and it changes the meaning of everything that follows. Of course, improvisation is based on practice, but more in the sense of getting used to the unexpected. No blueprint is called up. (…) That’s why every moment is about everything.“
He speaks of temporality. Of the moment in the now and here. In the book, this is called „retroactive temporality.“
Means: improvisation changes and the one who hears it … If I hear how something could be played or meant this way or differently, but it is played in a different way, what one hears cannot be what was played – not because it is paradoxical, but because it has changed – from the played to the heard – seen in this way, there is no simultaneity between play and reception, unless a „contemporaneity“ is formed.
Could be: a something you become aware of. As you read, you read à la carte. Gourmet Precision. The promise alone that this is a philosophy of jazz is then rather a promise of Christmas and candlelight in midsummer. To be clear: this is not a philosophy of jazz but a treatise on time in the change of aesthetics. Everything else you can and have to think for yourself. That this is possible is revealed by some reviews from here to there …
Philosopher Jazz * In the beginning was the word. Explicit-Implicit.
Is the interview now trailer or essence to the book? Why is the book not also so clear in words and sentences. Read the book and thought: I would need a conversation with the author before I misunderstand him and unfairly mistake my not understanding for his understanding. Or, as also seen: I am exposed to the question: Have you perhaps read another book?
The gap between what is written and what is read is quasi immanent in the work to what is played but heard differently. One does not know „in advance what is right or wrong. This is obvious in jazz.“ The word philosophy is just difficult to rewrite to muse or artificiality or musicality, it remains a melancholy steamer, a deep-diving whale, the text on top, on the other hand, seems like a band’s attempt to spread dance music mood, I want to be indulgent, I do not succeed. Could rather seek out its holes in the world of content and formulate encroachment.
It is the Albert Ayler just another than the Joshua Redman … the one represents an attitude in free jazz, the other a playground in free jazz, We have many attempts at contemplation and philosophical approach, and also have many history books on jazz, attempts on emotions and hopes … Interview with Richard Marshall.
„What is explicit in jazz is implicit in the tradition of European art music (…) Jazz not only makes explicit something that remains implicit in the tradition of European art music, but rather jazz makes explicit something that is essential to art as such. (…) Jazz makes explicit a moment of musical practice that is also determinant in an implicit way for the tradition of European art music.“
Jazz thus makes visible what was already present in traditional music – The score, in notation not immediately visible but interpretable, holds space and imagination for improvisation – to that extent jazz would be consequently a continuation of „classical“ art music by other means. The work – The improvisation, the standards – The interpretation. Examples: Beethoven’s Pathetique and Bach’s Art of Fugue. In jazz, it is also allowed to play around (Herbie Hancock), without the audience feeling it as a misstep.
The book is written a bit bulky, yet readable, the question remains, what have I read now. An open-ended score. A book improvised with the means of jazz? It seems loosely written when it comes to the music, it seems strained when it comes to justifying the terms of philosophy he uses.
One feels him freely narrating about dominants, sevenths, subdominants, rhythms, in-out interpretations. When it comes to clarifying the philosophical terms, the bar seems to be different.
A philosophy of jazz. Which does not yet exist in German-speaking countries in this form. (Does it mean – why not translate those of others first? I have also read that a Mr. Wilson made quite an effort to undertake something like this here and here).
Even Dietrich Diederichsen and Adorno were active in the subject. And where they exist, jazz was nevertheless and immediately listened to. Considering what Adorno heard or did not hear – he did not perceive the bebop of his time, for example – Adorno’s judgment is even understandable.
Big band jazz was idiosyncratic, loud and raw compared to classical orchestra. Compositions by a Beethoven sound like immanence of work, like dramaturgy, compositions by a Duke Ellington sound like whimsy and cheeky and obscene.
Now in the spring Dietrich Diederichsen has thrown a book onto the market that is also difficult to read – in which he picks on jazz: read pages 181 to 259, and understand: „you see, that’s exactly what I mean, everything turns into a joke, into a played joke. Chance and disorder, they never let up in their work of decomposition … „.
(which in turn is a quotation from William Gaddis, the last still living literary avant-gardist (one would think – one hears so little of the avant-gardists, always only when they have passed on, a treatise on the silence of time is still missing … we follow Diederichsen on his journey from the fear of being stuffy, because even nuanced observation is already suspicious … for Diederichsen jazz also „does not attach any particular importance to an order of tones, a sorting and arranging of sounds“ … aha – jazz equals chaos – there also „the compositions are not of great importance – they are often standards, marches, foreign things, other people’s property (…) but the jazz musician holds on to the tone, the single tone. „
(If someone doesn’t like jazz, he jokes so … – his book is his book and is coincidentally also about pop music – jazz is pure improvisational lust below or beyond pop music – or above or elsewhere – a joke just, which frees itself improvisationally from the collective of the subject – as far as D-D, as of 2014 – I do not want to understate that Diederichsen himself was, who was one of the few to the Jazzfest 2021 Berlin almost hymnal became in the TAZ schmissig elegantes Zeug, you rub your eyes with joy).
Against it or before it now D-M-F: Style elements of jazz – these are not only storming away improvisations, it is also the visualization of time. So exactly the other way around. Music wants to and can indeed liberate, heroize the individual, but not primarily. Jazz can be a stage for exotics and exalted and prophets – those with flute or saxophone – and that overstrain the brain but promote (freely below the D-D) – but that is not the subject:
The theme is jazz as an art form, as an interplay, as a harmonic framework – it is not noodling and doodling for the sake of noodling and doodling – but: Forms of possibility are newly marked out. A standard is used to invent itself on common music denominator (art) physically and contentwise – or to become conscious that one wants to communicate something in the sense of common hours: Tones, sound.
However, with all the love that the author feels for this music, a question remains: Is that it now with jazz? Is it fully described, is it finally also a category of music, like classical music with its manifestations from romanticism to twelve-tone music, arrived on the island of autonomy, or in the drawer?
Now that it is tentatively being philosophized about? The sales figures suggest it. There are hardly any specialist retailers left that have a good jazz department. More and more streaming services hijacking jazz musicians‘ earning potential. Soon no one will bother trying to master an instrument because it doesn’t pay? Making and creating music is one thing, another is: can’t computers do it?
The book does not ask such questions. It doesn’t even outline them. In this respect, if wishes were allowed: make the topic more explosive. Don’t make it complicated – or linguistically unwieldy, after all: he doesn’t want to categorize jazz or put it in boxes and pigeonholes (as D-D does), yet I see D. M. Feige, even if unintentionally, to put a lid on jazz, when he insists on the complex, takes the ambiguous too seriously and leaves the matter to the postmodern discourse again.
Possibly jazz really stands and falls with the postmodern debate – and as long as we don’t have a new epoch, it just goes on with Feyerabend so anything goes (do what you want) … (is also not in the book – foot messenger …)
We know: The festivals are well attended. There are boxes/categories like Bebop, FreeJazz, Hard-Bop, Fusion and and. Who still takes the word jazz rock in his mouth? But: If we put complexes on top of complexes, namely language and terms, the recipient wishes for a screensaver with beatnicks popping up and diving away, or tomatoes and other fruits, or a saying only: Simplify your life – not to be confused with mock only further the claim to everything – or as it is casually called: bring it around the corner. But this does not mean jazz as a requiem. Are you sure? (Lennie Tristano)
But what is the philosophical aspect of the work? Does it have relevance? – I can’t answer that question, but I have a suspicion. This is not a philosophical guide, it wants to be something else: an impulse generator and to stimulate philosophical contemplation – of jazz. But this could have been done better with a fluid narrative form …
Philosophizing does not have to mean making simple things complicated or assigning a sub-theme to every difference, but if philosophy becomes complicated within such a reading, does it thereby also correspond to the non-multisimplicity of jazz? If there is no abstraction and also no direction, only individual freedoms and self-referential or spiritualized world aversion (point of view D-D).
Philosophy and jazz (whether be-bop, free or fusion), this too is immanent to the work= but only if there is no need for listeners and no reading audience. A music, a philosophy that means itself, a thirty minutes solo and the most faithful fans have another need: the Moonlight Sonata (in the context of the book: the Pathetique) by Beethoven, played forward and according to the composer’s instructions.
In this respect, a glimmer of hope. Man needs: Music, no matter whether from the thermos flask or from the tuba. No matter whether conducted by Karajan or misinterpreted by Adorno. No matter whether with bars on steel or with fingers on cowhide. A live concert – everyone knows: is more fun than any review about it. Mastering an instrument, playing it, is always more fun than taking it apart or writing essays about it.
The idea is appealing: a philosopher has the courage to find words for what jazz is. Because regularly jazz is without words. And often leaves you speechless. With saxophone piano, bass and drums. To the ecstatic enthusiasm for this book I am missing a good piece, a beautiful song. With a dash of improvisation and a dash of composition. (Or salt and pepper + lemon).
An arrangement between the lines. For where jazz remains, must prove itself over and over again. (Even the competition among jazz musicians is sometimes massive!) Nevertheless, it celebrates revival on festivals. In the sales figures a downright decline. So it is necessary to speak out. Philosophically, too.
Central question: Is it worth reading? At least I look and listen with another ear, the ear of a brain. (His or mine? – sparks D-D in between) – must that be? To push jazz through philosophy about jazz to the intellectuals? This is a typical in-between-being, this book opens the head, but only a crack wide, what is really in it, you can guess: at a neat sip in a neat club – and will be surprised: from the guests in front of the door nobody cared about this book. On the contrary, the trap threatens to snap shut: Jazz is something for intellectuals after all. Old hat.
Looked at that way. The book takes on an outsider position. It rumbles linguistically and has no nice rhythm, no up or down beat – hardly any move – it reads like an attempt to use philosophical terms for something that refuses philosophy (wishful thinking?). The fact that philosophy includes thinking about EVERYTHING and EVERYONE is just not enough to lift the subject in terms of content. It remains an approach, an idea. To try it in the form – what it is worth to talk and think about.
It stops formally at its claim, another suspicion arises: it doesn’t want to deal with jazz at all or to mess with it, in its corset, it wants to be a philosophical book among philosophers‘ books, the book wants to take on philosophers, well conceivable that they see it all much more philosophically, namely coming from the nothingness of being, and once more reach out to Adorno and say, it was now all against nothingness. Let’s go to a pub. Maybe jazz is playing there.
This article is eight years old and was never published, because the publication of a text about philosophy can be noted to a non-philosopher and is equal to charlanterie (I thought). After eight years, however, I have tried to read it again, and must conclude, it is written from the beginning not for jazz lovers like me, but for philosophical faculties with their own linguistic rules and throughs. To that extent. Let’s go.
Publisher: Suhrkamp Verlag; (May 19, 2014).
Daniel Martin Feige: *1976, Institute of Philosophy FU Berlin.
Daniel Martin Feige Philosophy of Jazz
Kind of Blue. Miles Davis – So What
Zur Geschichte des Jazz in 6 Minuten – oder Jazz 2021 in 365 Tagen
Philosophenjazz 2014 * Philosophenjazz 2022 * Philosophenjazz von Miles zu Dolphy * Philosophenjazz A Love Supreme * Philosophenjazz nicht erst seit Adorno * Philosophenjazz auf Umwegen*