Jazz from Poland 2021
Jazz from Poland 2021
Jazz in Poland. Oder Polski Jazz. Oder Polish Yass. Laut Wiki seit den 90igern ein genuin eigener Yass, ein aus dem Realsozialismus hervorgekommener Jazz, ein eigenständiger Stil oder gar Jazz als Fenster zur Freiheit, Bojan Krstulovic im Tagesspiegel. Gleich die Frage nach Freiheit und ihrem Siedezustand: wer die Feststellung von Freiheit im Jazz vor sich herträgt, meint damit entweder ein hohes Niveau von Freiheit, denn erst, wer sein Instrument beherrscht, kann auch zu jenen Freiheitsmomenten vordringen, die ihm entsprechen, oder aber er meint jene Freiheit, die im Blues verankert ist mit seinem archaischen und einfachen 12 Bar Schema – und sich befreit von den Klischees?
Nehmen wir die Angebote der Freiheit beim Wort: der augenscheinlich gepflegte Artikel auf Wikipedia, die Musikerinnenseite auf Wikipedia, desgleichen die Wikipedia-Seite List of Polish Jazz Groups – es fehlen einige Namen, das sieht man an den Entdeckungen, die ich mithilfe der vielen, die sich um den Jazz scharen, machte, ja, wenn etwas ambitioniert ist und nur Namen verhandelt werden, dann …
Die Liste der Jazzfestivals in Polen lässt mehr vermuten.
Unstrittig sind die Namen Bałdych, Stanko, Seifert, Wasilewski, Urbaniak, Dudziak und Komeda mit dem Jazz aus Polen so verknüpft wie der Zawinuls mit Österreich oder der Svenssons mit Schweden oder der Mangelsdorffs mit Deutschland, das allein würde aber nicht erklären, warum der Jazz in Polen interessant und eigenständig erscheint, eine Erklärung ließe sich aus seiner Beliebtheit unter Jugendlichen und Studierenden erklären.
Es ließe sich ebenso erklären aus der in Polen beliebten und gepflegten Tradition der Kammermusik, abzulesen in der Liste polnischer Komponisten klassischer Musik: Es mag mit dem außerordentlichen Bekanntheitsgrad von Frédéric Chopin zusammenhängen. (Verweis: auf Leszek Mozdzers Impressions on Chopin) – es mag daran liegen, dass es in der klassischen Musik eine Entsprechung in Chopin gibt, die jeder kennt und warum immer rezitieren, was jeder kennt. Eine Grundlage für späteres Experimentieren und einer eher avantgardistisch anmutenden Annäherungen an Musik.
Es mag daran liegen, dass außerhalb Polens kaum jemand all die großen Komponisten reputiert von Bacewicz bis Zarebski – Hand aufs Herz: wer weiß hierzulande, dass in Mieczysław Karłowicz ein Brahms-Verehrer in Polen ein kleines aber beachtliches Werk hinterließ, siehe die Aufnahme des Atom String Quartet.
Oder: höre auch die kammermusikähnliche Aufnahme von Krzysztof Komeda von 1963, dieses Jahr neu aufgelegt | in ähnlichem Kontext das Tomasz Chy ła Quintet, etwas orchestraler.
Ich las von einer besonderen Vorliebe oder einem typisch polnischem Genre: dem der gesungenen Poesie. Was sich gut umsetzen lässt mit Jazz, Pop, Folk und Chanson. Auch nicht ohne Brisanz oder Interessenslage: in Polen gibt es eine sehr attraktive Heavy-Metal Szene bis hin zum Death Metal, der über die Grenzen Polens hinaus Fans hat. Es deutet auf eine motivierte und vielseitige Musikszene hin. Und lässt sich anhand vieler Beispiele im Jazz aus Polen überprüfen.
Da ist innerhalb eines Stückes manchmal so viel Kehrtwende, so viel Aufdrehen und Steigerung, so viel Aufwühlendes und Risikofreudiges, für manche ist das schlichtweg überfordernd, aber gerade das scheint werkimmanent: fordern und nicht nachmachen, Neues versuchen und nicht stehenbleiben. Die Konventionen brechen und nicht bestätigen.
Umso mehr, als Gesellschaften sich häufig neu orientieren und bei aller Neuorientierung nicht selten den Überblick verlieren und plötzlich nach Konservierung, Bewahrung oder Verortung rufen, obwohl oder gerade weil es kein zurück gibt, und gerade weil alles in sein Gegenteil kippen kann und Verdruss und Überdruss erzeugt, erst recht wenn Gottstaatlichkeit persönliche Freiheiten bedroht, bis wieder die Feststellung im Raum steht: ein Leben in den Konventionen der anderen verbaut mir die eigenen Gestaltungsmöglichkeiten.
So lese ich die polnische Musikgeschichte mit all seinen Wandlungen auch weniger als etwas dem Kollektiven oder dem Realen Sozialismus entsprungenen oder abgerungenen oder als etwas dem Entgegengestellten, sondern als starken Drang nach Individuation und „Eigen-Sinn“: das hat dann weniger mit Widerständigkeit zu tun, sondern eher damit, dass du von deiner Passion oder Vorliebe Mitteilung machen willst und es mit anderen Enthusiasten deines Genres teilen möchtest. Jazz als kommunikative Musik. Das ist bei aller Betrachtung vom Jazz als Tanzmusik oder Jazz als Konzertmusik etwas in den Hintergrund getreten.
Beim Anhören der Beispiele aus Warschau, Krakau, Danzig oder Wroclaw noch einmal deutlich geworden. Jazz in Polen ist vor allem Clubkultur, Kellerkultur, Wohnzimmerkultur, was auch damit zusammengehängt, dass es unter den Systemen, die auf Jazz als schwarze Musik herabsahen, sich aus dem öffentlichen ins private Bewusstsein zurückzog und dabei vor allem seinen experimentellen Charakter beibehielt, seinen „Eigen-Sinn“.
Das unter dem Vorbehalt: wie lässt sich Jazz vereinen mit traditionellem Habitus, der von einem gottgelenkten Staat ausgeht – eher weniger – oder sogar durch ihn noch mehr, da er aus diesem sein Konflikt- und Reibungspotential bezieht? Nicht umsonst gilt die polnische Jazzszene wieder als eine der Agilsten des europäischen Kontinents, man darf gespannt sein, wie sich das in den kommenden Jahren entwickelt, sollten ein paar offensichtlich religiös Motivierte ihre Regierungsgeschäfte weiterhin mit der Verwaltung eines Gutshofs verwechseln.
Wenn wir schon die Vokabel vom Widerständigen strapazieren, dann vielleicht im Kontext des Seelenabgleichsfutters, wo alles melodisch, abgestimmt und feinsinnig aufgelöst erscheint solange, bis jemand diese Regeln und Konventionen zu durchbrechen versucht, sich der Laissez-Faire, dem Wohlfeilen, dem guten Ton, dem allzu Gefälligen widersetzen will. Und sein eigenes Ding versucht. Im Sinn der Vielseitigkeit, der Vielstimmigkeit, im Sinn der Reibung und des sich Öffnenden, des Dialogs, des Trialogs oder im Sinn der Kammermusik. Mit Klavier und Violine.
Das wird sich zeigen in den nächsten Jahren, da offensichtlich wird, ob ein Staatsapparat seine Aufgabe darin sieht, das Land religiöser oder stillsamer zu gestalten, oder doch erkennt, dass im Ganzen seiner Teile und Talente mehr entsteht als nur Pathos, große Geste und Ritual. Im Sinn der eigenen Stimme, der Posaune, der Trompete der Violine, der Geschichtenerzähler wie Gombrowicz, Grynberg, Mackiewicz, Miloscz Hlaski, Mrozek oder Kolakowski, die einst ihr Land verlassen mussten – was auch alles auf dem Spiel steht.
Jazz from Poland 2021
Filip Żółtowski Humanity – Filip Żółtowski (tp), Szymon Zawodny (sax), Wojciech Wojda (p), Mikołaj Stańko (dr)
sneaky jesus for Joseph Riddle –
Matylda Gerber (sax), Beniamin Łasiewicki (b), Filip Baczyński (dr), Maciej Forreiter (g), Michał Szczepaniec (perc), Mariano de Oña Martinez (synth), Wiktor Maternik (tp) – Art Direction – Tom Central, Cover [Front] – Hillel Eflal, Graphic Design – Tom Central, Illustration – Hillel Eflal, Photography By – Jan Błotnicki, Producer – Mariano de Oña Martinez, Sneaky Jesus
Recorded By – Kuba Kutera
Błoto – Kwasy I Zasady – Wuja HZG (b), Latarnik (p), OlafSaxx (sax), Cancer G (dr)
ZK Collaboration Slow Food – Adam Zagórski (perc), Mateusz Gawęda (p), Roman Chraniuk (g), Jakub Mizeracki (g),
Website
Fryderyk HD Sounds Good – Fryderyk HD (p), Luca De Toni (g), Rafał Sarnecki (g), Gen Yoshimura (dr), Sebastian Kuchczyński (dr), Jack Schwenke (b), Michał Barański (b), Thomas Debelian (perc), Mateusz Smoczyński (vio)
Skerebotte Fatta Appaz – Jan Małkowski (sax), Dominik Mokrzewski (dr)
Krzysztof Komeda Mam tu swoj dom – Wiederauflage aus dem Jahr 1963 – sehr spannend die Bandbreite, in der Komeda agiert. Verweisen kann man gleich auch auf Tomasz Stankos „Litania“
Łukasz Pawlik Long-Distance Connections – Łukasz Pawlik (p), Randy Brecker (tp), Dawid Główczewski (sax), Szymon Kamykowski (sax), Michał Kapczuk (b), Tom Kennedy (b), Cezary Konrad (dr), Gary Novak (dr), Paweł Pańta (b), Phil South (perc), Mike Stern (g), Dave Weckl (dr)
Tomasz Chyla Quintet da Vinci – Tomasz Chyła (vio), Emil Miszk (tp), Krzysztof Hadrych (g), Konrad Żołnierek (b), Sławomir Koryzno (dr), with Vocal Ensemble Art’n’Voices
Tomasz Chyla Wiki
Aleksandra Kutrzepa No one knows where – Aleksandra Kutrzepa (vio), Barłomiej Garczyński (g), Michał Studniarek (b), Robert Kutrzepa (dr)
Atom String Quartet | with Szcecin Philharmonic Wind Quartet |Mieczysław Karłowicz Karlowicz Recomposed | aus Wiki: Mieczysław Karłowicz hinterließ zwar kein umfangreiches, aber bemerkenswertes Œuvre, das in Polen zum festen Bestandteil der nationalen Musiktradition gehört, jenseits der polnischen Grenzen jedoch kaum bekannt ist. Kammermusik in bester Besetzung und Tradition. Hörbeispiel 39 Minuten auf Youtube:
Szymon Sutor Ciało Moje – übersetzt: Mein Körper – die Welt wird religiös – vergleiche auch die EP Sezon w swietle oder die preisgekrönte Aufnahme mit Orchester aus 2019 Jazz Septet & String Orchestra
Anthimos Apostolis (g), Atom String Quartet (David Lubowicz, Mateusz Smoczynski, Michal Zaborski, Krzysztof Lenczowski), Auguścik Grażyna,
Bałdych Adam, Banaszak Hanna, Baron Piotr, Bałata Marek, Bem Ewa, Bester Quartet, Boba Jazz Band, Bogdanowicz Mariusz, Borzym Monika, Bukowski Dominik, Błażejczyk Danuta,
Tomasz Chyla Quintet Staszek Czyzewski
Dąbrówka Michał, Dąbrowski Andrzej, Derlak Aga, Ray Dickaty Drażewski Jarosław Jaromi, Dutkiewicz Artur,
Eliasz Józef,
Fatta Skerebotte Fetraś Krzysztof, Five O’Clock Orchestra, Fortuna Maciej,
Gawęda Mateusz, Gorzycki, Rafał, Górniak Krzysia, Grad Bogdan, Groborz Wojtek, Gwinciński Tomasz,
Herdzin Krzysztof,
Iwicki Piotr,
Jagodziński Andrzej, Jaskułke Sławek, Jazz Band Ball Orchestra, Jonkisz Kazimierz, Jopek Anna Maria,
Kądziela Marek, Kapołka Grzegorz, Karlowicz Mieczyslaw, Karnas Grzegorz, Karolak Wojciech, Kiniorski Włodzimierz, Kochan Jacek, Komeda Krzysztof, Kondrat Joanna, Konrad Cezary, Korohoda Jacek, Kołodziejczyk Nikola, Król Marta,
Levity, Lidke Monika, Light Coorporation, Lubowicz Nika, Łoskot, Łosowski Tomasz, Lewartowicz Michał ,
Maciej Afanasjew, Majewski Wojciech, Makowicz Adam, Mazolewski Wojtek, Mazur Rafał, Mencel Joachim, Misiak Krzysztof, Miśkiewicz Dorota, Mokrzewski Dominik Możdżer Leszek,
Nadolski Helmut, Nahorny Włodzimierz, Namysłowski Zbigniew, Napiórkowski Marek, New Bone, Niedziela Wojciech, Niedziela-Meira Jacek,
Obara Maciej, Olak Marcin, Oleszkiewicz Darek, Oleś Marcin & Bartłomiej Brat,
Pawlik Łukasz Pawlik Włodek, Piasecki Krzysztof, Piernik Zdzisław, Pierończyk Adam, Piskorczyk Magda, Mikołaj Poncyljusz, Popek Krzysztof, Prońko Krystyna,
Raatz Bogusław, Raduli Marek, Rek Vitold, RGG Trio,
Rogiński Raphael, Sarnecki Rafał, Ścierański Krzysztof, Schmidt Piotr, Seifert Zbigniew, Serafińska Anna, Sneaky Jesus, Soyka Stanisław, Stańko Krystyna, Stańko Tomasz, Staroniewicz Wojciech, Stokowski Jarosław, Strączek Przemysław, Szymon Sutor,
Trzaska Mikołaj, Tubis Trio, Turkiewicz Aleksandra, Tymański Tymon,
Urbaniak Michał, Uryga Ewa,
Walicki Olo, Walk Away, Wasilewski Marcin, Wiśniowski Leszek Hefi, Wróblewski Jan Ptaszyn, Wyleżoł Piotr,
Żądło Leszek, Zarychta Patrycja, Zdunek Janusz, Zgraja Krzysztof, Zoltowski Filip