Renato Diaz & Peter Traunmüller

Renato Diz & Peter Traunmueller – Descriptions of …

Renato Diz & Peter Traunmueller – Descriptions of …

Renato Diz & Peter Traunmueller – Descriptions of …
DESCRIPTIONS OF USELESS SUBTITLES AND MEANINGFUL SUBLIMATIONS

Album release 03.11.2023
RENATO DIZ
– sound engineering, keyboard,
collaborative composition, collaborative poetry,
final collaborative artwork, graphic design
PETER TRAUNMUELLER
– drums, collaborative composition,
collaborative poetry
PEDRO MARNOTO
– drawing, final collaborative artwork,
graphic design
JOSÉ DIOGO NEVES
– sound, mixing & mastering engineering
LIZZIE SUH
– graphic design

Was ist das mit den Klischees, oder franz. cliché, was Abklatsch bedeutet, sie setzen sich fest, sie stören den Zugang, sie wollen Barrikade sein, sie können alles übertönen, es ist das Wort allein ein Abstraktum für Jazz habe etwas mit Freiheit zu tun oder Musizierende sind klug, spritzig, intelligent und neugierig oder: Musik sei die Vertonung nicht bestimmbarer Gefühle, oder: wenn Musik erzählerisch wird, oder: konkret nicht greifbare Dinge werden zu einem haptischen Gesamtgefüge. Klischees kommen, Klischees gehen, sie nutzen sich ab, wie sich alles abnutzt, nur das Original bleibt – solange es nicht übernommen und durch die Zeitgeistmühlen verrieben wird. Töne kommen, Töne gehen.

Manchmal kauft man Platten und weiß nicht von welcher Empfehlung her und weiß nicht, welcher Impuls vorgelegen hat. Als Jugendliche bestellten wir Kiloweise Platten, manchmal wahllos. Nur die Avantgardisten unter uns waren wählerischer. Ein monatlich wiederkehrendes Fest, bei dem das ganze Taschengeld draufging. Es kam der Postwagen und brachte Pakete mit, manchmal 12 manchmal 15, manchmal 25 Platten auf einmal, du hattest gar nicht die Zeit, sie alle zu hören und trotzdem blieben einige davon an dir hängen oder kleben oder legten sich mit dir an. Du weißt nicht warum, sie entwickelten einen quasi eigenen Antrieb oder stellten Vermittlungsversuche dar zwischen dir, der Welt, dem Universum und den Bildern, die sich dazwischen legten. Sie rumorten, wüteten, zürnten. Sie zogen, drückten, pressten und gingen mit dir unter.

Die Aufnahme DESCRIPTIONS OF USELESS SUBTITLES AND MEANINGFUL SUBLIMATIONS von Renato Diz und Peter Traunmueller kaufte ich im Januar, hörte sie und wusste: sie werde ich noch einmal hören, ja hören müssen, das sind mehr als 13 Geschichten oder Erzählstücke – da sind so einige Töne mehr, die kommen, die gehen und vergehen oder zurückkehren. Es sind nicht die Töne an sich, die sich bewegen oder mich, sie verwandeln sich jeweils, werden dynamisch, streng, stochastisch oder saugen laugen bohren pressen – sie legen sich nicht fest, in diesem unglaublichen Drehbuch aus 13 Stücken über drei Felder: Klanglandschaft, Gedicht und Zeichnung.

Das ist streng genommen auch keine Duo Aufnahme, sondern Triomusik. Der Dritte im Bunde, Pedro Marnoto, ist nicht offenkundig zu hören, sondern erst einmal zu sehen in dem außergewöhnlichen Booklet, das dem Album beigefügt ist.

In den Liner Notes steht es so geschrieben: In die Musik und die Poesie vertieft, zeichnete Pedro Marnoto, um dann gemeinsam mit Renato die Skizzen zu dynamischen Schwarz-Weiß-Kompositionen zu kombinieren. Von der Entstehung bis zur Konzeption jedes einzelnen Teils haben sich die Künstler unermüdlich dafür eingesetzt, das gleiche Maß an spontaner Kreativität und Freiheit zu wahren. Radikale Spontaneität ist der rote Faden, der alle Elemente und Organismen in diesem Ökosystem antreibt und verbindet.

Ein Pianist verwandelt sein Keyboard in ein Glockenspiel, in ein Klingelorgan, in eine Assoziationswolke, in ein Xylophon oder Vibraphon und der Schlagzeuger spielt sein eigenes Gewebefeld, sein eigenes Glockenspiel, seine 13 Variationen zum Gesamtkunstwerk, entnommen der Kiste der Zwölfer Mythologie plus 1 macht 13 – das ist eine dem Aberglauben nahestehende Zahl, eine 13 Mondmonatezahl, eine Durchgangszahl, eine die Zwölfer-Arithmetik auf- oder umbrechende 13 – sie folgt auf zwölf Monate auf 12 Apostel Jünger oder 12 Stunden, bekannt auch als drei mal vier wird zum Synonym für Vollkommenheit – Die 13 – für manche eine Glückszahl, für manche ein Alptraum. Ein Mysterienspektakel plus 1 gleich 13.

Ein weiteres Spiel entsteht: das ist die zwischen acht und einundzwanzig liegende Zahl der Fibonacci-Folge [Wiki] oder: Die Dreizehn gehört zur Zwölf oder: die 13 Ton Musik folgt auf die Zwölftonmusik. Das soll avantgardistische Züge annehmen: komponiert sein in der Bohlen-Pierce Skala [Wiki], das ist eine Tonskala, welche die Duodezime in dreizehn Tonstufen unterteilt – Assoziationen, Gedankenfelder, Teppiche – überall erweitert um Klang wie Klangteppich, assoziative Klänge, spontane Soundpartikel im Klang. Mal 13.

Das ergibt ein Gesamtkunstwerk – und wer sich darauf einlässt, erlebt 13 außergewöhnliche Abschnitte, es erschließen sich 12 Tore wie 24 Tage plus im Zyklus des Mondes auf und niedergehende Wellenschläge als Magnetfelder – Musik als Ausübung transzendentaler Freitonbewegungen und als Sog ins Feld der eigenen Bedeutung. Vom Ton zum Akkord zum Sound zum Wort. Vom Ton vom Sound vom Akkord.

Es gibt eine Beziehung zwischen Vortrag=Musizieren und Zuhören=Aufnahme: das ist das sich ergebende Erzählfeld, eine Versuchsanordnung zum Mit- und Umeinander – wem bei dieser Interaktion keine Gedankenfelder entstehen, mag sich an den Anfang der eigenen Erzählung heranwagen und die Klischees prüfen und anmerken und sich fragen, wann das letzte Mal ein Traum geglückt ist. Auschecken gleich Einschecken. Töne kommen und gehen. Filme entstehen. Gedichte entstehen. Skizzen entstehen. Geschichten kommen und gehen. Sie selbst sagen es so:

Wir, das Publikum, seien eingeladen, uns mit offenem Geist den Fragezeichen zu nähern, da wir uns erinnern, wie unbeständig, vielfältig, flüssig, offen und in ständiger Veränderung wir sind. Ein Buch auf 13 Seiten. Wächst sich im Kopf aus zu einem Lebenswerk voll der Inspiration.

renatodiz.com | petertraunmueller.com | pedromarnoto.com

Renato Diaz & Peter Traunmüller
DESCRIPTIONS OF USELESS SUBTITLES AND MEANINGFUL SUBLIMATIONS
by Renato Diz | Peter Traunmueller

What is it with Klischees, or French Cliché, which means copy, they get stuck, they interfere with access, they want to be a barricade, they can drown out everything, the word alone is an abstract term for jazz has something to do with freedom or musicians are clever, lively, intelligent and curious or: music is the setting of indeterminable feelings, or: when music becomes narrative, or: concretely intangible things become a haptic overall structure. Clichés come, clichés go, they wear out, just as everything wears out, only the original remains – as long as it is not taken over and rubbed through the mills of the zeitgeist. Sounds come, sounds go.

Sometimes you buy records and you don’t know from which recommendation and you don’t know what the impulse was. As teenagers, we ordered kilos of records, sometimes indiscriminately. Only the avant-gardists among us were more selective. It was a recurring monthly festival that used up all our pocket money. The mail truck came and brought packages, sometimes 12, sometimes 15, sometimes 25 records at once, you didn’t have time to listen to them all and yet some of them stuck to you or got stuck or messed with you. You don’t know why, they developed a kind of drive of their own or represented attempts to mediate between you, the world, the universe and the images that intervened. They rumbled, raged, enraged. They pulled, pushed, pressed and went down with you.

I bought the recording DESCRIPTIONS OF USELESS SUBTITLES AND MEANINGFUL SUBLIMATIONS by Renato Diz and Peter Traunmueller in January, listened to it and knew that I would have to listen to it again, that it was more than just 13 stories or narrative pieces – there are a few more sounds that come, go and disappear or return. It is not the sounds themselves that move or me, they transform, become dynamic, strict, stochastic or drill or press – they do not settle in this incredible script of 13 pieces across three fields: Soundscape, Poem and Drawing.

Strictly speaking, this is not a duo recording, but trio music. The third member of the trio, Pedro Marnoto, is not obviously audible, but can first be seen in the extraordinary booklet that accompanies the album.

The liner notes say it like this: Immersed in the music and poetry, Pedro drew away, then teamed up with Renato to combine the sketches into dynamic black-and-white compositions. From the genesis through the conception of each component, the artists maintained an unwavering commitment to follow the same level of spontaneous creativity and freedom. Radical spontaneity is the main common thread that fuels and links all elements and organisms across this ecosystem.

A pianist transforms his keyboard into a glockenspiel, into a bell organ, into a cloud of associations, into a xylophone or vibraphone, and the percussionist plays his own field of tissue, his own glockenspiel, his 13 variations on the overall work of art, taken from the box of twelve mythology plus 1 makes 13 – this is a number close to superstition, a 13 lunar month number, a transit number, a 13 that breaks up or breaks the twelve arithmetic – it follows twelve months to 12 apostle disciples or 12 hours, also known as three times four becomes a synonym for perfection – 13 – for some a lucky number, for some a nightmare. A mystery spectacle plus 1 equals 13.

Another game emerges: this is the number between eight and twenty-one in the Fibonacci sequence [Wiki] or: thirteen belongs to twelve or: 13-tone music follows twelve-tone music. This should take on avant-garde traits: be composed in the Bohlen-Pierce scale [Wiki], which is a tone scale that divides the duodecimal into thirteen tone steps – associations, thought fields, carpets – expanded everywhere by sound such as sound carpets, associative sounds, spontaneous sound particles in the sound. Times 13.

This results in a total work of art – and those who engage with it experience 13 extraordinary sections, 12 gates open up like 24 days plus in the cycle of the moon rising and falling wave beats as magnetic fields – music as the exercise of transcendental free tone movements and as a pull into the field of its own meaning. From tone to chord to sound to word. From tone to sound to chord.

There is a relationship between performance=music-making and listening=recording: this is the resulting narrative field, an experimental arrangement for togetherness – if this interaction does not give rise to fields of thought, you may venture to the beginning of your own narrative and examine and note the clichés and ask yourself when the last time a dream succeeded. Checking out equals checking in. Sounds come and go. Movies are made. Poems are written. Sketches are created. Stories come and go. They say so themselves:

We, the audience, are invited to befriend the question mark with an open spirit and utilize it as a reminder that we are impermanent, plural, liquid, open, and in continuous mutation. A book on 13 pages. Grows in the mind into a life’s work full of inspiration.