Sylvain Rifflet - We want Stars

Sylvain Rifflet – We want Stars 

Sylvain Rifflet – We want Stars

faszinierend, enthusiastisch, inspirierend

Released September 13, 2024
Sylvain Rifflet – tenor saxophone
Bettina Kee – Piano
Vinvcent Taeger – Drums

sylvainrifflet.com




Sylvain Rifflet - We want Stars
We Want Stars
SYLVAIN RIFFLET

Das Konzept: ein Trio mit Synthesizern. Hier: Saxophon, Synthesizer und Schlagzeug. Sylvain Rifflet sagt es auf seiner Website so: Hier besteht das einzige Konzept darin, dass es ein Trio mit Synthesizern ist. Ich kann keine Musik in der Abstraktion schreiben. Ich kann kein Stück schreiben, bei dem ich mir sage: „Ich werde sehen, mit wem ich es spiele“. Wenn ich für Alphabet, Mechanics, Troubadours oder Aux anges schreibe, bitte ich Benjamin Flament, mir den Zustand seines Sets (das sich ständig verändert) aufzunehmen, und gehe dann von den Klängen aus. Hier habe ich genau das Gleiche gemacht, aber mit Synthesizern. Ich habe mir zwei Synthesizer und Soundbänke gekauft, die mir von anderen empfohlen wurden, und dann habe ich herumprobiert, Sounds ausgewählt und daraus komponiert. Unser Klang bedingt, was wir tun, und insbesondere im Tenor, denn das ist eines der Instrumente, die den größten Spielraum haben. Zwischen Albert Ayler und Stan Getz liegen Welten, und dazwischen gibt es Milliarden von Variationen. Mein Saxophonlehrer Michel Goldberg sagte immer zu mir: „Ideen rollen über den Klang“. Ich fand das damals total seltsam, aber heute ist es wahrer denn je. Das gilt nicht nur, wenn ich mein Instrument spiele, sondern auch, wenn ich schreibe. Wenn ich von den Klängen ausgehe, kommen die Offensichtlichkeiten viel schneller.

Herausgekommen ist eine rhythmisch aufregende Arbeit mit interessanten Wendungen, zwischen den Zeilen, über den Zeilen in den Zeilen – besonders Mǎmǎhūhū hat es mir angetan – eigentlich eine Fingerübung, entwickelt das Stück eine eigene Dynamik, die gesteuert vom Basslauf auf den Keyboards und dem intensiven Drive des Schlagzeugs aufdreht bis zum freien Spiel über etwaigen Hamonika-Geräuschen hinaus. Auch Labyrinth ist ein Hammer mit Knoten, ein dickes Ding. Den unglaublichen Groove verdankt die Aufnahme Vincent Taeger an den Drums, wie Sylvain Rifflet im Interview zu verstehen gibt im Zusammenspiel mit Bettina Kee am Synthesizer. Bettina hatte vor langer Zeit mit Emiliano Turi und Jean-Philippe Morel dieses Trio MOP gemacht, das superschön war. Es war Zwölftonmusik, wie das, was sie hier manchmal spielt. Ich dachte mir, dass das etwas Abwechslung bringen würde. Ich wollte keinen sauberen Jazz. Bettina war die richtige Person. Und außerdem kennt sie Vincent sehr gut, sie haben schon früher zusammengearbeitet.

Die Titel der Stücke scheinen ganz bestimmte Geschichten zu erzählen… Worauf beziehen sie sich?

Es ist selten, dass die Titel die Musik inspirieren; normalerweise setze ich Titel auf bereits geschriebene Stücke. Einige beziehen sich auf persönliche Erfahrungen. Ich war Best Man bei der Hochzeit des Saxophonisten Jon Irabagon, und „First Dance“ bezieht sich auf den stark ritualisierten ersten Tanz bei amerikanischen Hochzeiten. Als Kind habe ich ein Jahr lang in China gelebt, und „Mamahuhu“ ist ein mandarinischer Ausdruck. Wörtlich übersetzt bedeutet es „Pferd Pferd Tiger Tiger“, und es bedeutet „wie dies und das“. In anderen Titeln geht es mehr um die Musik. Während des Lockdowns habe ich wieder mit Bach angefangen, und „Boom“ kommt daher, dass wir Vincent „Vince Boom“ nannten, also beginnt „Bach and Boom“ wie ein etwas seltsames, falsches Bach-Präludium und endet mit einem Schlagzeugsolo. „Labyrinth“ beschreibt die Form des Songs. Außerdem sind einige Titel mit einem Augenzwinkern versehen. „We Want Stars… Not Satellites“ ist eine Schande für Elon Musk, der so viele Satelliten in den Himmel schickt, dass wir am Ende die Sterne nicht mehr sehen können. Das letzte Stück ist eine Hommage an John Surman, der viele Platten mit Synthesizern gemacht hat, vor allem als Solokünstler, und der eine ganz besondere Art hat, Arpeggiatoren zu benutzen, von der ich mich inspirieren ließ.
Nachzulesen auf seiner Website (in französisch).

Apropos: wer es übersehen hat: du hast noch weitere Aufnahmen mit Synthesizer – Space-Musik für Techno-Affine wie Nachtlebendige – alles geht immer so schnell, zu schnell, die Aufnahmen waren dann auch wieder da – und weg. Siehe auch die hervorragende Rebellions aus 2020.

english
 

The concept: a trio with synthesizers. Here: saxophone, synthesizer and drums. Sylvain Rifflet says it like this on his website: ‚Here, the only concept is that it’s a trio with synthesizers. I can’t write music in abstraction. I can’t write a piece where I say to myself: “I’ll see who I play it with”. When I write for Alphabet, Mechanics, Troubadours or Aux anges, I ask Benjamin Flament to record me the state of his set (which is constantly changing) and then I go from the sounds. Here I did exactly the same thing, but with synthesizers. I bought two synthesizers and sound banks that were recommended to me by others, and then I played around, chose sounds and composed from them. Our sound dictates what we do, and especially in the tenor, because that’s one of the instruments that has the most range. Albert Ayler and Stan Getz are worlds apart, and there are billions of variations in between. My saxophone teacher Michel Goldberg used to say to me: “Ideas roll over the sound”. I thought that was totally strange at the time, but today it’s truer than ever. This is true not only when I play my instrument, but also when I write. When I start from the sounds, the obvious things come much faster.

The result is a rhythmically exciting work with interesting twists and turns, between the lines, over the lines within the lines – I was particularly taken with Mǎmǎhūhū – actually a finger exercise, the piece develops its own dynamic, which, controlled by the bass line on the keyboards and the intense drive of the drums, turns up to free play beyond any hamonica noises. Labyrinth is also a hammer with knots, a big thing. The recording owes its incredible groove to Vincent Taeger on drums, as Sylvain Rifflet reveals in the interview, playing together with Bettina Kee on synthesizer. Bettina had made this trio MOP a long time ago with Emiliano Turi and Jean-Philippe Morel, which was super beautiful. It was twelve-tone music, like what she sometimes plays here. I thought that would bring some variety. I didn’t want clean jazz. Bettina was the right person. And besides, she knows Vincent very well, they’ve worked together before.

The titles of the pieces seem to tell very specific stories… What do they refer to?

It’s rare that the titles inspire the music; I usually put titles on pieces that have already been written. Some relate to personal experiences. I was Best Man at saxophonist Jon Irabagon’s wedding, and “First Dance” refers to the highly ritualized first dance at American weddings. I lived in China for a year as a child, and “Mamahuhu” is a Mandarin expression. Literally translated it means “horse horse tiger tiger”, and it means “like this and that”. Other tracks are more about the music. During the lockdown I started with Bach again, and “Boom” comes from the fact that we called Vincent “Vince Boom”, so “Bach and Boom” starts like a bit of a weird, fake Bach prelude and ends with a drum solo. “Labyrinth” describes the shape of the song. In addition, some tracks are tongue-in-cheek. “We Want Stars… Not Satellites” is a disgrace to Elon Musk, who sends so many satellites into the sky that we end up not being able to see the stars. The last track is a tribute to John Surman, who has made many records with synthesizers, especially as a solo artist, and who has a very special way of using arpeggiators that I was inspired by.
You can read about it on his website (in French).

Speaking of which: for those who missed it: you have more recordings with Synthsizer – space music for techno aficionados and night owls alike – everything always goes so fast, too fast, and then the recordings were already here and gone again. See also the excellent Rebellions from 2020.

DOOBLE
von SYLVAIN RIFFLET
DOOBLE
von SYLVAIN RIFFLET
Sylvain Rifflet : Saxophone, clarinet & fx
Philippe Gordiani : Electronics

Guests :
Bettina Kee a.k.a Ornette : Voice (Song 1.1 & Song 1.2)
Thomas de Pourquery : Voice (Song 1.1 & Song 1.2)
Cake Walk from a Spaceship
von Sylvain Rifflet with Verneri Pohjola
Cake Walk from a Spaceship
von Sylvain Rifflet with Verneri Pohjola

Sylvain Rifflet – Rebellions

Released November 18, 2020

Sylvain Rifflet – tenor saxophone
Jon Irabagon – mezzo-soprano and sopranino saxophone
Sébastien Boisseau – double bass
Jim Black – drums


Sylvain Rifflet Rebellions
Sylvain Rifflet Rebellions Bandcamp

Ein Cover, eine Aussage: Ein Megaphon für die brennenden Fragen des Alltags. Es finden sich gleich zwei Saxophonisten als Megaphonisten, nimmst du noch Sébastien Boisseau am Bass und Jim Black am Schlagzeug, bist du der Rebellion sehr nah. Das Wort vom Widerstand geht um und steht sinnbildlich für eine Diversität der Sprachen zu unterschiedlichen Zeiten. Es wird politisch, wenn „die feurigen Worte“ von André Malraux (französischer Schriftsteller) von Emma Gonzalès, Olympe de Gouges und Paul Robeson in die Waagschale geworfen werden und durchschütteln oder aufrütteln wie John Coltrane, Sun Ra, oder Ornette Coleman.

“Es werden Konventionen durchbrochen”, sagt Sylvain Rifflet, einer der Architekten dieses Rebellion-Projekts. Er legt großen Wert darauf, sich erst im Kopf klar zu machen, was schließlich Musik wird. Der sprichwörtliche Anfang vom im Anfang war das Wort. Dieses Projekt versucht aus der Tradition des American Jazz heraus all die Stimmen, Worte, die Sprache der charismatischen Revolutionäre und Aktivisten zu deuten und in seiner Vielfalt zu zeigen. (Mit Megaphon)

Zitat: „Mit Phrasen des gesprochenen Wortes, die den gesungenen Gesangsteil ersetzen. Diese beeindruckenden Reden sind Katalysatoren für die Kompositionen, nicht nur inhaltlich, sondern auch musikalisch: Die Rhythmusgruppe mit zwei Schlüsselfiguren des amerikanischen und französischen Jazz – dem Schlagzeuger Jim Black und dem Bassisten Sébastien Boisseau – erweitert mit ihrem Spiel die Dynamik der gesprochenen Sprache, während die beiden Melodie-Instrumentalisten die Musikalität der Sätze aufgreifen und weiter verweben.

Währenddessen hört man in der Musik die kochende Leidenschaft großer Vorgänger wie John Coltrane, Sun Ra oder Ornette Coleman. Das Ergebnis ist Free Jazz, eine komplexe Legierung aus repetitiver und minimaler Musik, die hier direkt die emotional-intellektuellen Kanäle des Zuhörers anspricht.

Frei gesetzt werden Worte, Phrasen, Ambitionen und Gefühle – zusammengeschnürt zu einem expressiven und anspruchsvollen wie virtuosen Wechselspiel vier Gleichberechtigter.

english
 

One cover, one statement: a megaphone for the burning questions of everyday life. There are two saxophonists as megaphonists, and if you add Sébastien Boisseau on bass and Jim Black on drums, you are very close to rebellion. The word “resistance” is all the rage and symbolizes the diversity of languages at different times. It becomes political when “the fiery words” of André Malraux (French writer) are thrown into the balance by Emma Gonzalès, Olympe de Gouges and Paul Robeson and shake or shake up like John Coltrane, Sun Ra or Ornette Coleman.

“Conventions are being broken,” says Sylvain Rifflet, one of the architects of this rebellion project. He attaches great importance to first clarifying in his head what will ultimately become music. The proverbial beginning of in the beginning was the word. This project attempts to interpret all the voices, words and language of the charismatic revolutionaries and activists from the tradition of American jazz and to show them in all their diversity. (With megaphone)

Quote: „With phrases of the spoken word replacing the sung vocal part. These impressive speeches are catalysts for the compositions not just in terms of content, but also musically: the rhythm section, featuring two key figures of American and French jazz – drummer Jim Black and bass player Sébastien Boisseau, expands the dynamic of the spoken language with their playing, while the two melody instrumentalists take the musicality of the sentences and continue to weave it.

Meanwhile in the music we hear the boiling passion of great predecessors, John Coltrane, Sun Ra, or Ornette Coleman. The result is free jazz, a complex alloy of repetitive and minimal music, which here directly targets the emotional-intellectual channels of the listener.

Words, phrases, ambitions and feelings are set free – laced together into an expressive, demanding and virtuoso interplay between four equals.

Sylvain Rifflet – We want Stars 2024

Rebellions Youtube
Rebellions Youtube
Welcome to the French NIght
Welcome to the French NIght
Sylvain Rifflet / Jon Irabagon REBELLION(S) - The Adults in the Room (extrait)
Sylvain Rifflet / Jon Irabagon REBELLION(S) – The Adults in the Room (extrait)

Referenzen

Website Sylvain Rifflet Wikipedia | Deutschlandfunk : „Rifflet findet die Komplexität in der Einfachheit und baut auf Texturen auf, die sich auch in der elektronischen Musik und in der frühen Minimal Music finden lassen.“ | Karl Lippegaus: Portrait (Podcast) | Label : bmcrecords.hu | Sylvain Rifflet Rebellions